404

Page not found.

Welche Formen der Softwarelizenzen gibt es und wie unterscheiden diese sich?

Es gibt verschiedene Formen von Softwarelizenzen, darunter auch SaaS (Software as a Service), die sich in ihren Eigenschaften und Verwendungsrechten erheblich voneinander unterscheiden. Hier sind einige der gängigsten Softwarelizenzmodelle und ihre wichtigsten Unterscheidungsmerkmale:

  1. Proprietäre Software-Lizenz:
    • Bei proprietärer Software handelt es sich um geschlossene Software, die von einem Hersteller entwickelt und vertrieben wird.
    • Die Lizenzbedingungen legen fest, wie die Software verwendet werden darf, und sie kann kostenpflichtig oder kostenfrei sein.
    • Der Quellcode ist normalerweise nicht verfügbar, und Benutzer haben begrenzte Anpassungsmöglichkeiten.
    • Beispiele: Microsoft Office, Adobe Photoshop.
  2. Open-Source-Software-Lizenz:
    • Bei Open-Source-Software ist der Quellcode öffentlich zugänglich, und die Software kann frei verwendet, modifiziert und weitergegeben werden.
    • Es gibt verschiedene Arten von Open-Source-Lizenzen, wie die GNU General Public License (GPL) und die MIT-Lizenz, die die Bedingungen für die Verwendung regeln.
    • Diese Software ist oft kostenfrei, aber es können dennoch Lizenzbedingungen gelten, z. B. die Verpflichtung zur Veröffentlichung von Änderungen.
    • Beispiele: Linux, Apache Web Server.
  3. SaaS (Software as a Service):
    • SaaS ist ein Modell, bei dem Software über das Internet als Dienstleistung bereitgestellt wird.
    • Benutzer mieten die Software und greifen über einen Webbrowser auf sie zu, anstatt sie auf ihren eigenen Computern zu installieren.
    • Die Lizenz ist in der Regel abonnementbasiert, und Updates und Wartung werden vom Anbieter durchgeführt.
    • Beispiele: Salesforce, Google Workspace.
  4. Freie Software-Lizenz:
    • Diese Art von Lizenz zielt darauf ab, die Freiheit der Nutzer zu schützen und sicherzustellen, dass die Software immer frei und offen bleibt.
    • Die Free Software Foundation (FSF) hat die GNU Public License (GPL) erstellt, eine häufig verwendete freie Software-Lizenz.
    • Unter einer freien Lizenz kann die Software frei genutzt, kopiert, modifiziert und weitergegeben werden, solange die Freiheiten anderer gewahrt werden.
  5. Kostenlose Software-Lizenz:
    • Bei dieser Art von Lizenz handelt es sich um Software, die kostenlos verwendet werden kann, aber sie muss nicht zwangsläufig freie Software sein.
    • Die Lizenzbedingungen können variieren, und es können Einschränkungen hinsichtlich der Nutzung und Verbreitung gelten.
    • Beispiele: Freemium-Modelle von Software, bei denen grundlegende Funktionen kostenlos sind, aber erweiterte Funktionen kostenpflichtig sind.

Die Wahl der geeigneten Softwarelizenz hängt von den individuellen Anforderungen und Zielen ab, einschließlich der Verwendung der Software, der gewünschten Kontrolle über den Quellcode und der Budgetbeschränkungen. Es ist wichtig, die Lizenzbedingungen sorgfältig zu prüfen und zu verstehen, bevor Sie Software verwenden oder entwickeln.

Automatisierte Datenanalyse durch Ermittlungsbehörden mittels Software unzulässig: Nicht gerechtsfertigter Eingriff in die informationelle Selbstbestimmung ein

Werden gespeicherte Datenbestände mittels einer automatisierten Anwendung zur Datenanalyse oder -auswertung verarbeitet, greift dies in die informationelle Selbstbestimmung (Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG) aller ein, deren Daten bei diesem Vorgang personenbezogen Verwendung finden.

Das Eingriffsgewicht einer automatisierten Datenanalyse oder -auswertung und die Anforderungen an deren verfassungsrechtliche Rechtfertigung ergeben sich zum einen aus dem Gewicht der vorausgegangenen Datenerhebungseingriffe; insoweit gelten die Grundsätze der Zweckbindung und Zweckänderung. Zum andern hat die automatisierte Datenanalyse oder -auswertung ein Eigengewicht, weil die weitere Verarbeitung durch eine automatisierte Datenanalyse oder -auswertung spezifische Belastungseffekte haben kann, die über das Eingriffsgewicht der ursprünglichen Erhebung hinausgehen; insoweit ergeben sich aus dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit im engeren Sinne weitergehende Rechtfertigungsanforderungen.

Diese weitergehenden Anforderungen an die Rechtfertigung einer automatisierten Datenanalyse oder -auswertung variieren, da deren eigene Eingriffsintensität je nach gesetzlicher Ausgestaltung ganz unterschiedlich sein kann. Das Eingriffsgewicht wird insbesondere durch Art und Umfang der verarbeitbaren Daten und die zugelassene Methode der Datenanalyse oder -auswertung bestimmt. Der Gesetzgeber kann die Eingriffsintensität durch Regelungen zu Art und Umfang der Daten und zur Begrenzung der Auswertungsmethode steuern.

Ermöglicht die automatisierte Datenanalyse oder -auswertung einen schwerwiegenden Eingriff in die informationelle Selbstbestimmung, ist dies nur unter den engen Voraussetzungen zu rechtfertigen, wie sie allgemein für eingriffsintensive heimliche Überwachungsmaßnahmen gelten, also nur zum Schutz besonders gewichtiger Rechtsgüter, sofern für diese eine zumindest hinreichend konkretisierte Gefahr besteht. Das Erfordernis einer zumindest hinreichend konkretisierten Gefahr für besonders gewichtige Rechtsgüter ist nur dann verfassungsrechtlich verzichtbar, wenn die zugelassenen Analyse- und Auswertungsmöglichkeiten durch Regelungen insbesondere zur Begrenzung von Art und Umfang der Daten und zur Beschränkung der Datenverarbeitungsmethoden normenklar und hinreichend bestimmt in der Sache so eng begrenzt sind, dass das Eingriffsgewicht der Maßnahmen erheblich gemindert ist.

Grundsätzlich kann der Gesetzgeber den Erlass der erforderlichen Regelungen zu Art und Umfang verarbeitbarer Daten und zu den zulässigen Datenverarbeitungsmethoden zwischen sich und der Verwaltung aufteilen. Er muss aber sicherstellen, dass unter Wahrung des Gesetzesvorbehalts insgesamt ausreichende Regelungen getroffen werden.

Der Gesetzgeber muss die wesentlichen Grundlagen zur Begrenzung von Art und Umfang der Daten und der Verarbeitungsmethoden selbst durch Gesetz vorgeben.

Soweit er die Verwaltung zur näheren Regelung organisatorischer und technischer Einzelheiten ermächtigt, hat der Gesetzgeber zu gewährleisten, dass die Verwaltung die für die Durchführung einer automatisierten Datenanalyse oder -auswertung im Einzelfall maßgeblichen Vorgaben und Kriterien in abstrakt-genereller Form festlegt, verlässlich dokumentiert und in einer vom Gesetzgeber näher zu bestimmenden Weise veröffentlicht. Das sichert auch die verfassungsrechtlich gebotene Kontrolle, die insbesondere durch Datenschutzbeauftragte erfolgen kann.

Urteil des Ersten Senats vom 16. Februar 2023

– 1 BvR 1547/19 –

– 1 BvR 2634/20 –

Automatisierte Datenanalyse (mehr …)

Feststellung der überragenden marktübergreifenden Bedeutung für den Wettbewerb durch Google nach § 19a GWB

BKartA B7 – 61/21 Entscheidung vom 30. Dezember 2021

Das Bundeskartellamt hat nach § 19a Abs. 1 GWB festgestellt, dass der Alphabet Inc. einschließlich der mit ihr gemäß § 36 Abs. 2 GWB verbundenen Unternehmen (nachfolgend „Google“) eine überragende marktübergreifende Bedeutung für den Wettbewerb zukommt. Die Feststellung ist auf 5 Jahre ab Be-standskraft, d.h. bis zum 4. Januar 2027, befristet.

Zum Gegenstand des Verfahrens:

Im Januar 2021 ist die 10. Novelle des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB-Digitalisie-rungsgesetz) in Kraft getreten. Eine zentrale neue Vorschrift (§ 19a GWB) erlaubt dem Bundeskartellamt ein früheres und effektiveres Eingreifen, insbesondere gegen Verhaltensweisen großer Digitalkonzerne.

§ 19a GWB zielt im Wesentlichen auf die Erfassung besonderer Machtstellungen und ihrer möglichen wettbewerbsschädlichen Wirkungen und Gefährdungen des Wettbewerbs im Bereich der „digitalen Öko-systeme“, mit etwaigen sog. Gatekeeper-Funktionen einzelner Unternehmen.1 Große Digitalkonzerne, die eine breite Vielzahl von Produkten und Diensten anbieten, können eine marktübergreifende, schwer an-greifbare wirtschaftliche Machtposition innehaben, die dem jeweiligen Unternehmen Verhaltensspiel-räume eröffnet, mit denen es diese Position ohne hinreichende wettbewerbliche Kontrolle weiter konso-lidieren, ausweiten oder auf sonstige Weise zum eigenen Vorteil nutzen kann. Solche Machtstellungen und ihre Ausweitung werden durch die Dynamik der Digital- und Internetwirtschaft begünstigt, die insbe-sondere auf Märkten nach § 18 Abs. 3a GWB zu beschleunigter und verstärkter Konzentration führt und
1 Vgl. Regierungsbegründung zur 10. GWB-Novelle, BT-Drs. 19/23492, S. 73.
2
konglomerate bzw. vertikal integrierte Unternehmensstrukturen hervorbringt,2 in denen marktübergrei-fende Systeme von häufig skalierbaren und in verschiedener Weise – etwa durch die Bündelung der an-fallenden Daten – verbundenen Produkten und Diensten betrieben und erweitert werden können.3
Auf Basis der neuen Vorschrift des §19a GWB kann das Bundeskartellamt in einem zweistufigen Vorgehen Unternehmen, denen eine überragende marktübergreifende Bedeutung für den Wettbewerb zukommt, wettbewerbsgefährdende Praktiken untersagen. (mehr …)

Werbung eines geprüften Bautechnikers mit den Bezeichnungen „Büro für Architektur“ oder „Architekturbüro“ ist irreführend und wettbewerbswidrig

Werbung eines geprüften Bautechnikers für ein Planungsbüro mit den Bezeichnungen „Architekt“, „Büro für Architektur“ oder „Architekturbüro“ verstößt gegen Art. 1 Abs. 1, 4 BayBauKaG. Zudemist die Werbung irreführend.

LG Bayreuth Urteil vom 27.10.2020 32 O 710/19

I. Der Beklagte wird verurteilt, es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung vom Gericht festzusetzenden Ordnungsgeldes von bis zu 250.000,00 €, ersatzweise Ordnungshaft bis zu sechs Monaten für jeden einzelnen Fall der Zuwiderhandlung, zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr die Bezeichnung „Architekt“, „Büro für Architektur“ oder „Architekturbüro“ zu verwenden, ohne entsprechend in der Architektenliste der zuständigen Architektenkammer eingetragen zu sein.
II. Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 299,60 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 20.11.2019 zu zahlen.
III. Der Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
IV. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 7.000,00 € vorläufig vollstreckbar. (mehr …)

Keine Vermittlung ortsfremder Taxifahrer über die App „mytaxi“

Das Betreiben einer Software – hier der App „mytaxi“ -, die eine direkte Verbindung zwischen einem nahegelegenen Taxifahrer und einem Fahrgast herstellt und so die Beförderung von Kunden in Taxis ermöglicht, ist unlauter, wenn nicht verhindert wird, dass entgegen § 47 Abs. 2 PBefG auch ortsfremde, nicht konzessionierte Taxifahrer vermittelt werden. Der App-Betreiber ist Teilnehmer eines von einem nicht konzessionierten Taxiunternehmen begangenen Verstoßes und zum Unterlassen verpflichtet, begründete das Oberlandesgericht Frankfurt am Main (OLG) seine heute veröffentlichte Entscheidung.

Die Beklagte vermittelt über die App „mytaxi“ die Beförderung von Kunden in Taxis. Sie wird in einer Version für Taxifahrer und in einer Version für Kunden bereitgestellt und stellt eine direkte Verbindung zwischen einem Taxifahrer und einem Fahrgast her. Der Nutzer der Fahrgast-App kann sich auf einer Karte anzeigen lassen, wo sich in der Umgebung angeschlossene Taxis befinden. Nach Bestätigung des Bestellbuttons sucht das System die am nächsten gelegenen und freigeschalteten Taxis und bietet den Fahrern dieser Gruppe – automatisiert – die angefragte Taxifahrt an. Die Fahrer können über ihre Fahrer-App die angefragte Tour annehmen. Der Fahrer, der die Fahrt zuerst annimmt, erhält den Zuschlag. Für den Fahrgast ist die Benutzung der App kostenlos. Das Taxiunternehmen zahlt eine Vermittlungsgebühr in Gestalt eines festen Prozentsatzes vom Fahrpreis. (mehr …)

Inhaber der Unionsmarke „Malle“ kann anderen die Durchführung von sog. Malle-Partys untersagen

Mit Urteil vom 29. November 2019 hat die 8. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Düsseldorf (38 O 96/19) entschieden, dass der Inhaber der eingetragenen Unionsmarke „Malle“ Partyveranstaltern untersagen kann, ohne seine Zustimmung Partys mit der Bezeichnung „Malle“ zu bewerben und zu veranstalten. In mehr als 100 einstweiligen Verfügungsverfahren war der Inhaber der Unionsmarke „Malle“ gegen Partyveranstalter vorgegangen. Nur einzelne hatten sich gegen die Unterlassungsbeschlüsse gewehrt. Nun hat das Landgericht Düsseldorf erstmals durch Urteil entscheiden. Die Marke „Malle“ war seit 2002 für die Dienstleistungen „Unterhaltung, sportliche und kulturelle Aktivitäten, Partyorganisation und Party-Durchführung“ beim Europäischen Markenamt EuIPO in Alicante eingetragen. Der Inhaber der Marke hatte die Malle-Party-Veranstalter zunächst abgemahnt und dann beim Landgericht Düsseldorf entsprechende Unterlassungsanträge gestellt. Daraufhin ist mehreren Organisatoren verboten worden, ihre Unterhaltungsveranstaltungen, bei denen ausgelassen mit einer eingängigen Musik und alkoholischen Getränken wie auf Mallorca gefeiert wird, als „Malle Party“, „Malle im Zelt“, „Malle Break“ oder – wie im Rechtsstreit 38 O 96/19 – „Malle auf Schalke“ zu bezeichnen und zu bewerben. Sie müssten zuvor eine Lizenz des Markeninhabers erwerben. Die 8. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Düsseldorf hat in ihrem Urteil vom 29.11.2019 ausgeführt, dass die Unionsmarke „Malle“ für Partys im Rahmen des hier durchgeführten einstweiligen Verfügungsverfahrens Rechtsbestand hat. Denn die Marke „Malle“ ist eingetragen. Dass im europäischen Markenamt in Alicante seit Februar 2019 ein Antrag auf Löschung der Marke „Malle“ für Unterhaltungsveranstaltungen vorliegt, ändert an dem Rechtsbestand der Marke nichts. Insbesondere ist die Marke auch nicht offenkundig schutzunfähig. Dazu müsste festgestellt werden, dass zum entscheidenden Zeitpunkt der Eintragung im Jahre 2002 die Bezeichnung „Malle“ eine geographische Bezeichnung für die Insel Mallorca war und als geographische Bezeichnung nicht hätte eingetragen werden dürfen. Das hat die Antragstellerin im einstweiligen Verfügungsverfahren vor dem Landgericht Düsseldorf jedoch nicht ausreichend vorgetragen und glaubhaft gemacht. Die Bezeichnung einer Party als „Malle auf Schalke“ ist auch herkunftshinweisend und nicht nur beschreibend. Denn die von der Bewerbung der Party angesprochenen Verbraucher erkennen, dass die Werbung und die 2 Party einen Bezug zu einem bestimmten Veranstalter, einem Sponsor oder dem Lizenzgeber einer Veranstaltungsreihe haben. An einem solchen Bezug fehlt etwa bei rein beschreibenden Begriffen wie Karnevals Party oder Christmas Party. Es kommt bei den Bürgern auch zu einer Gefahr der Verwechselung, wenn sie einerseits die Wortmarke „Malle“ des Markeninhabers und andererseits das angegriffene Zeichen des Partyveranstalters „Malle auf Schalke“ sehen. Deshalb hat das Gericht dem Partyveranstalter untersagt, seine Party unter der Bezeichnung „Malle auf Schalke“ zu bewerben und zu veranstalten.

Hostinganbieter und Diensteanbieter wie Facebook können dazu bestimmt werden, rechtwidrige und sinngleiche Inhalte zu löschen, zu sperren und hiernach zu suchen – weltweit


Die Richtlinie 2000/31/EG ist dahin auszulegen, dass sie es einem Gericht eines Mitgliedstaats nicht verwehrt,

–        einem Hosting-Anbieter aufzugeben, die von ihm gespeicherten Informationen, die den wortgleichen Inhalt haben wie Informationen, die zuvor für rechtswidrig erklärt worden sind, zu entfernen oder den Zugang zu ihnen zu sperren, unabhängig davon, wer den Auftrag für die Speicherung der Informationen gegeben hat;

–        einem Hosting-Anbieter aufzugeben, die von ihm gespeicherten Informationen, die einen sinngleichen Inhalt haben wie Informationen, die zuvor für rechtswidrig erklärt worden sind, zu entfernen oder den Zugang zu ihnen zu sperren, sofern die Überwachung und das Nachforschen der von einer solchen Verfügung betroffenen Informationen auf solche beschränkt sind, die eine Aussage vermitteln, deren Inhalt im Vergleich zu dem Inhalt, der zur Feststellung der Rechtswidrigkeit geführt hat, im Wesentlichen unverändert geblieben ist, und die die Einzelheiten umfassen, die in der Verfügung genau bezeichnet worden sind, und sofern die Unterschiede in der Formulierung dieses sinngleichen Inhalts im Vergleich zu der Formulierung, die die zuvor für rechtswidrig erklärte Information ausmacht, nicht so geartet sind, dass sie den Hosting-Anbieter zwingen, eine autonome Beurteilung dieses Inhalts vorzunehmen;

URTEIL DES GERICHTSHOFS (Dritte Kammer)

3. Oktober 2019(*)

„Vorlage zur Vorabentscheidung – Informationsgesellschaft – Freier Dienstleistungsverkehr – Richtlinie 2000/31/EG – Verantwortlichkeit von Diensteanbietern, die als Mittler auftreten – Art. 14 Abs. 1 und 3 – Anbieter von Hosting-Diensten – Möglichkeit, vom Anbieter zu verlangen, dass er eine Rechtsverletzung abstellt oder verhindert – Art. 18 Abs. 1 – Persönliche, sachliche und räumliche Grenzen der Tragweite einer Verfügung – Art. 15 Abs. 1 – Keine allgemeine Überwachungspflicht“

In der Rechtssache C‑18/18

betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom Obersten Gerichtshof (Österreich) mit Entscheidung vom 25. Oktober 2017, beim Gerichtshof eingegangen am 10. Januar 2018, in dem Verfahren

Eva Glawischnig-Piesczek

gegen

Facebook Ireland Limited

erlässt

DER GERICHTSHOF (Dritte Kammer)

unter Mitwirkung der Kammerpräsidentin A. Prechal, der Richter F. Biltgen, J. Malenovský (Berichterstatter) und C. G. Fernlund sowie der Richterin L. S. Rossi,

Generalanwalt: M. Szpunar,

Kanzler: D. Dittert, Referatsleiter,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 13. Februar 2019,

unter Berücksichtigung der Erklärungen

–        von Frau Glawischnig-Piesczek, vertreten durch Rechtsanwälte M. Windhager und W. Niklfeld,

–        der Facebook Ireland Limited, vertreten durch Rechtsanwälte G. Kresbach, K. Struckmann und A. Tauchen,

–        der österreichischen Regierung, vertreten durch G. Hesse, G. Kunnert und A. Jurgutyte-Ruez als Bevollmächtigte,

–        der lettischen Regierung, vertreten durch I. Kucina, E. Petrocka-Petrovska und V. Soņeca als Bevollmächtigte,

–        der portugiesischen Regierung, vertreten durch L. Inez Fernandes und M. Figueiredo als Bevollmächtigte im Beistand von T. Rendas, Rechtsberater,

–        der finnischen Regierung, vertreten durch J. Heliskoski als Bevollmächtigten,

–        der Europäischen Kommission, vertreten durch G. Braun, F. Wilman, S. L. Kalėda und P. Costa de Oliveira als Bevollmächtigte,

nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 4. Juni 2019

folgendes

Urteil

1        Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Art. 15 Abs. 1 der Richtlinie 2000/31/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 8. Juni 2000 über bestimmte rechtliche Aspekte der Dienste der Informationsgesellschaft, insbesondere des elektronischen Geschäftsverkehrs, im Binnenmarkt („Richtlinie über den elektronischen Geschäftsverkehr“) (ABl. 2000, L 178, S. 1).

2        Es ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen Frau Glawischnig-Piesczek und der Facebook Ireland Limited mit Sitz in Irland wegen der Veröffentlichung eines Beitrags, der ehrenbeleidigende Äußerungen in Bezug auf Frau Glawischnig-Piesczek enthält, auf der Seite eines Nutzers, die auf der Website des sozialen Netzwerks Facebook unterhalten wird.

 Rechtlicher Rahmen

 Unionsrecht

3        In den Erwägungsgründen 6, 7, 9, 10, 40, 41, 45 bis 48, 52, 58 und 60 der Richtlinie 2000/31 heißt es:

„(6)      … Diese Richtlinie befasst sich nur mit bestimmten Fragen, die Probleme für das Funktionieren des Binnenmarktes aufwerfen, und wird damit in jeder Hinsicht dem Subsidiaritätsgebot gemäß Artikel 5 des Vertrags gerecht.

(7)      Um Rechtssicherheit zu erreichen und das Vertrauen der Verbraucher zu gewinnen, muss diese Richtlinie einen klaren allgemeinen Rahmen für den Binnenmarkt bezüglich bestimmter rechtlicher Aspekte des elektronischen Geschäftsverkehrs festlegen.

(9)      In vieler Hinsicht kann der freie Verkehr von Diensten der Informationsgesellschaft die besondere gemeinschaftsrechtliche Ausprägung eines allgemeineren Grundsatzes darstellen, nämlich des Rechts auf freie Meinungsäußerung im Sinne des Artikels 10 Absatz 1 der von allen Mitgliedstaaten ratifizierten Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten. Richtlinien, die das Angebot von Diensten der Informationsgesellschaft betreffen, müssen daher sicherstellen, dass diese Tätigkeit gemäß jenem Artikel frei ausgeübt werden kann und nur den Einschränkungen unterliegt, die in Absatz 2 des genannten Artikels und in Artikel 46 Absatz 1 des Vertrages niedergelegt sind. Die grundlegenden Regeln und Prinzipien des einzelstaatlichen Rechts, die die freie Meinungsäußerung betreffen, sollen von dieser Richtlinie unberührt bleiben.

(10)      Gemäß dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit sind in dieser Richtlinie nur diejenigen Maßnahmen vorgesehen, die zur Gewährleistung des reibungslosen Funktionierens des Binnenmarktes unerlässlich sind. Damit der Binnenmarkt wirklich zu einem Raum ohne Binnengrenzen für den elektronischen Geschäftsverkehr wird, muss diese Richtlinie in den Bereichen, in denen ein Handeln auf Gemeinschaftsebene geboten ist, ein hohes Schutzniveau für die dem Allgemeininteresse dienenden Ziele, insbesondere für den Jugendschutz, den Schutz der Menschenwürde, den Verbraucherschutz und den Schutz der öffentlichen Gesundheit, gewährleisten. …

(40)      Bestehende und sich entwickelnde Unterschiede in den Rechtsvorschriften und der Rechtsprechung der Mitgliedstaaten hinsichtlich der Verantwortlichkeit von Diensteanbietern, die als Vermittler handeln, behindern das reibungslose Funktionieren des Binnenmarktes, indem sie insbesondere die Entwicklung grenzüberschreitender Dienste erschweren und Wettbewerbsverzerrungen verursachen. Die Diensteanbieter sind unter bestimmten Voraussetzungen verpflichtet, tätig zu werden, um rechtswidrige Tätigkeiten zu verhindern oder abzustellen. Die Bestimmungen dieser Richtlinie sollten eine geeignete Grundlage für die Entwicklung rasch und zuverlässig wirkender Verfahren zur Entfernung unerlaubter Informationen und zur Sperrung des Zugangs zu ihnen bilden. …

(41)      Diese Richtlinie schafft ein Gleichgewicht zwischen den verschiedenen Interessen und legt die Grundsätze fest, auf denen Übereinkommen und Standards in dieser Branche basieren können.

(45)      Die in dieser Richtlinie festgelegten Beschränkungen der Verantwortlichkeit von Vermittlern lassen die Möglichkeit von Anordnungen unterschiedlicher Art unberührt. Diese können insbesondere in gerichtlichen oder behördlichen Anordnungen bestehen, die die Abstellung oder Verhinderung einer Rechtsverletzung verlangen, einschließlich der Entfernung rechtswidriger Informationen oder der Sperrung des Zugangs zu ihnen.

(46)      Um eine Beschränkung der Verantwortlichkeit in Anspruch nehmen zu können, muss der Anbieter eines Dienstes der Informationsgesellschaft, der in der Speicherung von Information besteht, unverzüglich tätig werden, sobald ihm rechtswidrige Tätigkeiten bekannt oder bewusst werden, um die betreffende Information zu entfernen oder den Zugang zu ihr zu sperren. Im Zusammenhang mit der Entfernung oder der Sperrung des Zugangs hat er den Grundsatz der freien Meinungsäußerung und die hierzu auf einzelstaatlicher Ebene festgelegten Verfahren zu beachten. Diese Richtlinie lässt die Möglichkeit der Mitgliedstaaten unberührt, spezifische Anforderungen vorzuschreiben, die vor der Entfernung von Informationen oder der Sperrung des Zugangs unverzüglich zu erfüllen sind.

(47)      Die Mitgliedstaaten sind nur dann gehindert, den Diensteanbietern Überwachungspflichten aufzuerlegen, wenn diese allgemeiner Art sind. Dies betrifft nicht Überwachungspflichten in spezifischen Fällen und berührt insbesondere nicht Anordnungen, die von einzelstaatlichen Behörden nach innerstaatlichem Recht getroffen werden.

(48)      Diese Richtlinie lässt die Möglichkeit unberührt, dass die Mitgliedstaaten von Diensteanbietern, die von Nutzern ihres Dienstes bereitgestellte Informationen speichern, verlangen, die nach vernünftigem Ermessen von ihnen zu erwartende und in innerstaatlichen Rechtsvorschriften niedergelegte Sorgfaltspflicht anzuwenden, um bestimmte Arten rechtswidriger Tätigkeiten aufzudecken und zu verhindern.

(52)      Die effektive Wahrnehmung der durch den Binnenmarkt gebotenen Freiheiten macht es erforderlich, den Opfern einen wirksamen Zugang zu Möglichkeiten der Beilegung von Streitigkeiten zu gewährleisten. Schäden, die in Verbindung mit den Diensten der Informationsgesellschaft entstehen können, sind durch ihre Schnelligkeit und ihre geographische Ausbreitung gekennzeichnet. Wegen dieser spezifischen Eigenheit und der Notwendigkeit, darüber zu wachen, dass die nationalen Behörden das Vertrauen, das sie sich gegenseitig entgegenbringen müssen, nicht in Frage stellen, verlangt diese Richtlinie von den Mitgliedstaaten, dafür zu sorgen, dass angemessene Klagemöglichkeiten zur Verfügung stehen. Die Mitgliedstaaten sollten prüfen, ob ein Bedürfnis für die Schaffung eines Zugangs zu gerichtlichen Verfahren auf elektronischem Wege besteht.

(58)      Diese Richtlinie soll keine Anwendung auf Dienste von Anbietern finden, die in einem Drittland niedergelassen sind. Angesichts der globalen Dimension des elektronischen Geschäftsverkehrs ist jedoch dafür Sorge zu tragen, dass die gemeinschaftlichen Vorschriften mit den internationalen Regeln in Einklang stehen. Die Ergebnisse der Erörterungen über rechtliche Fragen in internationalen Organisationen (unter anderem WTO, OECD, UNCITRAL) bleiben von dieser Richtlinie unberührt.

(60)      Im Sinne der ungehinderten Entwicklung des elektronischen Geschäftsverkehrs muss dieser Rechtsrahmen klar, unkompliziert und vorhersehbar sowie vereinbar mit den auf internationaler Ebene geltenden Regeln sein, um die Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Industrie nicht zu beeinträchtigen und innovative Maßnahmen in diesem Sektor nicht zu behindern.“

4        Art. 14 („Hosting“) der Richtlinie 2000/31 bestimmt:

„(1)       Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass im Fall eines Dienstes der Informationsgesellschaft, der in der Speicherung von durch einen Nutzer eingegebenen Informationen besteht, der Diensteanbieter nicht für die im Auftrag eines Nutzers gespeicherten Informationen verantwortlich ist, sofern folgende Voraussetzungen erfüllt sind:

a)      Der Anbieter hat keine tatsächliche Kenntnis von der rechtswidrigen Tätigkeit oder Information, und, in Bezug auf Schadensersatzansprüche, ist er sich auch keiner Tatsachen oder Umstände bewusst, aus denen die rechtswidrige Tätigkeit oder Information offensichtlich wird,

oder

b)      der Anbieter wird, sobald er diese Kenntnis oder dieses Bewusstsein erlangt, unverzüglich tätig, um die Information zu entfernen oder den Zugang zu ihr zu sperren.

(3)      Dieser Artikel lässt die Möglichkeit unberührt, dass ein Gericht oder eine Verwaltungsbehörde nach den Rechtssystemen der Mitgliedstaaten vom Diensteanbieter verlangt, die Rechtsverletzung abzustellen oder zu verhindern, oder dass die Mitgliedstaaten Verfahren für die Entfernung einer Information oder die Sperrung des Zugangs zu ihr festlegen.“

5        Art. 15 Abs. 1 dieser Richtlinie lautet:

„Die Mitgliedstaaten erlegen Anbietern von Diensten im Sinne der Artikel 12, 13 und 14 keine allgemeine Verpflichtung auf, die von ihnen übermittelten oder gespeicherten Informationen zu überwachen oder aktiv nach Umständen zu forschen, die auf eine rechtswidrige Tätigkeit hinweisen.“

6        Art. 18 Abs. 1 dieser Richtlinie sieht vor:

„Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass die nach innerstaatlichem Recht verfügbaren Klagemöglichkeiten im Zusammenhang mit Diensten der Informationsgesellschaft es ermöglichen, dass rasch Maßnahmen, einschließlich vorläufiger Maßnahmen, getroffen werden können, um eine mutmaßliche Rechtsverletzung abzustellen und zu verhindern, dass den Betroffenen weiterer Schaden entsteht.“

 Österreichisches Recht

7        Nach § 1330 Abs. 1 des Allgemeinen bürgerlichen Gesetzbuchs (ABGB) ist derjenige, dem durch Ehrenbeleidigung ein wirklicher Schade oder Entgang des Gewinnes verursacht worden ist, berechtigt, den Ersatz zu fordern. Nach § 1330 Abs. 2 ABGB gilt dies auch, wenn jemand Tatsachen verbreitet, die den Kredit, den Erwerb oder das Fortkommen eines anderen gefährden und deren Unwahrheit er kannte oder kennen musste. In diesem Fall kann auch der Widerruf und die Veröffentlichung desselben verlangt werden.

8        Nach § 78 Abs. 1 des Urheberrechtsgesetzes dürfen Bildnisse von Personen weder öffentlich ausgestellt noch auf eine andere Art, wodurch sie der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden, verbreitet werden, wenn dadurch berechtigte Interessen des Abgebildeten oder, falls er gestorben ist, ohne die Veröffentlichung gestattet oder angeordnet zu haben, eines nahen Angehörigen verletzt würden.

9        Nach § 18 Abs. 1 des E‑Commerce-Gesetzes sind Hosting-Anbieter nicht verpflichtet, die von ihnen gespeicherten, übermittelten oder zugänglich gemachten Informationen allgemein zu überwachen oder von sich aus nach Umständen zu forschen, die auf rechtswidrige Tätigkeiten hinweisen.

 Ausgangsverfahren und Vorlagefragen

10      Frau Glawischnig-Piesczek war Abgeordnete zum Nationalrat (Österreich), Klubobfrau der „Grünen“ im Parlament und Bundessprecherin dieser politischen Partei.

11      Facebook Ireland betreibt eine weltweite Social-Media-Plattform (im Folgenden: Facebook Service) für Nutzer außerhalb der Vereinigten Staaten von Amerika und Kanadas.

12      Ein Nutzer von Facebook Service postete am 3. April 2016 auf seiner Facebook-Profilseite einen Artikel des österreichischen Online-Nachrichtenmagazins oe24.at mit dem Titel „Grüne: Mindestsicherung für Flüchtlinge soll bleiben“, was auf dieser Seite eine „Thumbnail-Vorschau“ von der ursprünglichen Website generierte, die den Titel dieses Artikels, eine kurze Zusammenfassung davon sowie ein Foto von Frau Glawischnig-Piesczek enthielt. Der Nutzer postete außerdem einen Kommentar zu diesem Artikel, der nach den Feststellungen des vorlegenden Gerichts geeignet ist, die Klägerin des Ausgangsverfahrens in ihrer Ehre zu beleidigen, sie zu beschimpfen und zu diffamieren. Dieser Beitrag konnte von jedem Nutzer von Facebook Service abgerufen werden.

13      Mit Schreiben vom 7. Juli 2016 forderte Frau Glawischnig-Piesczek Facebook Ireland u. a. auf, diesen Kommentar zu löschen.

14      Als Facebook Ireland den Kommentar nicht entfernte, reichte Frau Glawischnig-Piesczek Klage beim Handelsgericht Wien (Österreich) ein, das mit einstweiliger Verfügung vom 7. Dezember 2016 Facebook Ireland auftrug, es ab sofort und bis zur Rechtskraft des über das Unterlassungsbegehren ergehenden Urteils zu unterlassen, die Klägerin des Ausgangsverfahrens zeigende Lichtbilder zu veröffentlichen und/oder zu verbreiten, wenn im Begleittext die wörtlichen und/oder sinngleichen Behauptungen wie in dem betreffenden Kommentar (vgl. oben, Rn. 12) verbreitet werden.

15      Facebook Ireland sperrte daraufhin in Österreich den Zugang zu dem ursprünglich geposteten Beitrag.

16      Das mit dem Rekurs befasste Oberlandesgericht Wien (Österreich) bestätigte die erstinstanzliche Verfügung in Bezug auf wortgleiche Behauptungen. Dagegen entschied es, dass die Verbreitung von sinngleichen Äußerungen nur zu unterlassen sei, wenn diese Facebook Ireland von der Klägerin des Ausgangsverfahrens oder von dritter Seite zur Kenntnis gebracht würden oder Facebook Ireland sonst zur Kenntnis gelangten.

17      Das Handelsgericht Wien und das Oberlandesgericht Wien stützten ihre Entscheidungen auf § 78 UrhG und § 1330 ABGB und vertraten u. a. die Auffassung, der veröffentlichte Kommentar enthalte Äußerungen, die exzessiv ehrkränkend seien und der Klägerin außerdem ein strafbares Verhalten unterstellten, ohne dass hierfür auch nur der Beweis angetreten worden wäre.

18      Beide Parteien des Ausgangsverfahrens erhoben Revisionsrekurs an den Obersten Gerichtshof (Österreich).

19      Der Oberste Gerichtshof, der darüber zu befinden hat, ob die Unterlassungsverfügung gegen einen Host-Provider, der ein soziales Netzwerk mit zahlreichen Nutzern betreibt, auch auf ihm nicht zur Kenntnis gelangte wort- und/oder sinngleiche Äußerungen ausgedehnt werden kann, führt aus, dass nach seiner eigenen Rechtsprechung eine solche Verpflichtung als angemessen zu betrachten sei, wenn dem Host-Provider schon mindestens eine Verletzung der Rechte des Betroffenen durch den Beitrag eines Nutzers bekannt gegeben worden sei und sich damit die Gefahr weiterer Rechtsverletzungen konkretisiere.

20      Da er aber der Ansicht ist, dass der bei ihm anhängige Rechtsstreit Fragen nach der Auslegung des Unionsrechts aufwirft, hat er das Verfahren ausgesetzt und dem Gerichtshof folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt:

1.      Steht Art. 15 Abs. 1 der Richtlinie 2000/31 allgemein einer der nachstehend angeführten Verpflichtungen eines Host-Providers, der rechtswidrige Informationen nicht unverzüglich entfernt hat, entgegen, und zwar nicht nur diese rechtswidrige Information im Sinne von Art. 14 Abs. 1 Buchst. a der Richtlinie zu entfernen, sondern auch andere wortgleiche Informationen:

–        weltweit,

–        im jeweiligen Mitgliedstaat,

–        des jeweiligen Nutzers weltweit,

–        des jeweiligen Nutzers im jeweiligen Mitgliedstaat?

2.      Soweit Frage 1 verneint wurde: Gilt dies jeweils auch für sinngleiche Informationen?

3.      Gilt dies auch für sinngleiche Informationen, sobald dem Betreiber dieser Umstand zur Kenntnis gelangt ist?

 Zu den Vorlagefragen

 Zur ersten und zur zweiten Frage

21      Mit seinen ersten beiden Fragen, die zusammen zu prüfen sind, möchte das vorlegende Gericht wissen, ob die Richtlinie 2000/31, insbesondere ihr Art. 15 Abs. 1, dahin auszulegen ist, dass sie es einem Gericht eines Mitgliedstaats verwehrt,

–        einem Hosting-Anbieter aufzugeben, die von ihm gespeicherten Informationen, die den wortgleichen Inhalt haben wie Informationen, die zuvor für rechtswidrig erklärt worden sind, zu entfernen oder den Zugang zu ihnen zu sperren, unabhängig davon, wer den Auftrag für die Speicherung der Informationen gegeben hat;

–        einem Hosting-Anbieter aufzugeben, die von ihm gespeicherten Informationen, die einen sinngleichen Inhalt haben wie Informationen, die zuvor für rechtswidrig erklärt worden sind, zu entfernen oder den Zugang zu ihnen zu sperren;

–        einer solchen Verfügung weltweit Wirkung zu verleihen.

22      Zunächst steht fest, dass Facebook Ireland Hosting-Dienste im Sinne von Art. 14 der Richtlinie 2000/31 anbietet.

23      Art. 14 Abs. 1 dieser Richtlinie soll die Verantwortlichkeit des Hosting-Anbieters ausschließen, wenn dieser eine der beiden in dieser Bestimmung angeführten Voraussetzungen erfüllt, nämlich dass er keine Kenntnis von der rechtswidrigen Tätigkeit oder Information hat oder dass er, sobald er davon Kenntnis erlangt, unverzüglich tätig wird, um diese Information zu entfernen oder den Zugang zu ihr zu sperren.

24      Außerdem ergibt sich aus Art. 14 Abs. 3 der Richtlinie 2000/31 im Licht ihres 45. Erwägungsgrundes, dass dieser Ausschluss die Möglichkeit unberührt lässt, dass ein nationales Gericht oder eine nationale Verwaltungsbehörde von dem betreffenden Diensteanbieter verlangt, die Rechtsverletzung abzustellen oder zu verhindern, einschließlich der Entfernung rechtswidriger Informationen oder der Sperrung des Zugangs zu ihnen.

25      Folglich können, wie der Generalanwalt in Nr. 32 seiner Schlussanträge ausgeführt hat, nach dem nationalen Recht eines Mitgliedstaats erlassene Verfügungen an einen Hosting-Anbieter gerichtet werden, selbst wenn er eine der in Art. 14 Abs. 1 der Richtlinie 2000/31 angeführten alternativen Voraussetzungen erfüllt, d. h. auch in dem Fall, dass er selbst nicht als verantwortlich angesehen wird.

26      Im Übrigen müssen die Mitgliedstaaten nach Art. 18 Abs. 1 dieser Richtlinie, der zu ihrem Kapitel III („Umsetzung“) gehört, sicherstellen, dass die nach innerstaatlichem Recht verfügbaren Klagemöglichkeiten im Zusammenhang mit Diensten der Informationsgesellschaft es ermöglichen, dass rasch Maßnahmen, einschließlich vorläufiger Maßnahmen, getroffen werden können, um eine mutmaßliche Rechtsverletzung abzustellen und zu verhindern, dass den Betroffenen weiterer Schaden entsteht.

27      Wie aus Rn. 13 des vorliegenden Urteils und dem Wortlaut der Vorlagefragen hervorgeht, hatte Facebook Ireland im vorliegenden Fall zunächst Kenntnis von der in Rede stehenden rechtswidrigen Information. In der Folge wurde sie nicht unverzüglich tätig, um diese Information zu entfernen oder den Zugang zu ihr zu sperren, wie es Art. 14 Abs. 1 der Richtlinie 2000/31 vorsieht. Schließlich rief die Klägerin des Ausgangsverfahrens ein nationales Gericht an, damit es eine Verfügung im Sinne von Art. 18 dieser Richtlinie erlasse.

28      Im 52. Erwägungsgrund der Richtlinie wird erläutert, dass sich der Unionsgesetzgeber durch die spezifische Eigenheit, die sich daraus ergibt, dass Schäden, die in Verbindung mit den Diensten der Informationsgesellschaft entstehen können, durch ihre Schnelligkeit und ihre geografische Ausbreitung gekennzeichnet sind, und durch die Notwendigkeit, darüber zu wachen, dass die nationalen Behörden das Vertrauen, das sie sich gegenseitig entgegenbringen müssen, nicht in Frage stellen, dazu veranlasst gesehen hat, von den Mitgliedstaaten zu verlangen, dafür zu sorgen, dass angemessene Klagemöglichkeiten zur Verfügung stehen.

29      Die Mitgliedstaaten verfügen so im Rahmen der Umsetzung von Art. 18 Abs. 1 der Richtlinie 2000/31 in Bezug auf die Klagen und die Verfahren, die den Erlass der erforderlichen Maßnahmen ermöglichen, über ein besonders großes Ermessen.

30      Da diese Maßnahmen außerdem nach mehreren Sprachfassungen dieser Bestimmung – u. a. der spanischen, der englischen und der französischen – ausdrücklich „jede“ mutmaßliche Rechtsverletzung abstellen oder „jeden“ weiteren Schaden der Betroffenen verhindern sollen, kann grundsätzlich nicht angenommen werden, dass sie in ihrer Reichweite begrenzt sind, wenn es um ihre Durchführung geht. Diese Auslegung wird nicht durch den Umstand in Frage gestellt, dass andere Sprachfassungen dieser Bestimmung – u. a. die deutsche – vorsehen, dass die besagten Maßnahmen „eine mutmaßliche Rechtsverletzung“ abstellen und verhindern sollen, dass „den Betroffenen weiterer Schaden entsteht“.

31      In Art. 15 Abs. 1 der Richtlinie 2000/31 wird wiederum klargestellt, dass die Mitgliedstaaten Anbietern von Diensten im Sinne der Art. 12, 13 und 14 keine allgemeine Verpflichtung auferlegen dürfen, die von ihnen übermittelten oder gespeicherten Informationen zu überwachen oder aktiv nach Umständen zu forschen, die auf eine rechtswidrige Tätigkeit hinweisen.

32      Auf die Vorlagefragen ist unter Berücksichtigung all dieser Bestimmungen zu antworten.

33      Das vorlegende Gericht stellt erstens im Wesentlichen die Frage, ob Art. 15 Abs. 1 der Richtlinie 2000/31 es einem Gericht eines Mitgliedstaats verwehrt, einem Hosting-Anbieter aufzugeben, die von ihm gespeicherten Informationen, die den wortgleichen Inhalt haben wie Informationen, die zuvor für rechtswidrig erklärt worden sind, zu entfernen oder den Zugang zu ihnen zu sperren.

34      Art. 15 Abs. 1 der Richtlinie 2000/31 verbietet den Mitgliedstaaten zwar, Hosting-Anbietern eine allgemeine Verpflichtung, die von ihnen übermittelten oder gespeicherten Informationen zu überwachen oder aktiv nach Umständen zu forschen, die auf eine rechtswidrige Tätigkeit hinweisen, aufzuerlegen, doch wie aus dem 47. Erwägungsgrund dieser Richtlinie hervorgeht, gilt dies nicht für Überwachungspflichten „in spezifischen Fällen“.

35      Ein solcher spezifischer Fall kann u. a., wie im Ausgangsverfahren, in einer konkreten Information begründet sein, die vom betreffenden Hosting-Anbieter im Auftrag eines bestimmten Nutzers seines sozialen Netzwerks gespeichert wurde und deren Inhalt von einem zuständigen Gericht des betreffenden Mitgliedstaats analysiert und beurteilt wurde, das diese Information nach Abschluss seiner Würdigung für rechtswidrig erklärt hat.

36      Da ein soziales Netzwerk die schnelle Übermittlung der vom Hosting-Anbieter gespeicherten Informationen zwischen seinen verschiedenen Nutzern erleichtert, besteht eine reale Gefahr, dass eine Information, die als rechtswidrig eingestuft wurde, zu einem späteren Zeitpunkt von einem anderen Nutzer dieses Netzwerks wiedergegeben und geteilt wird.

37      Um erreichen zu können, dass der Hosting-Anbieter jeden weiteren Schaden bei den Betroffenen verhindert, ist es unter diesen Umständen legitim, dass das zuständige Gericht von ihm verlangen kann, den Zugang zu gespeicherten Informationen, deren Inhalt wortgleich mit dem zuvor für rechtswidrig erklärten Inhalt ist, zu sperren oder sie zu entfernen, ganz gleich, wer den Auftrag zur Speicherung dieser Informationen gegeben hat. In Anbetracht insbesondere dieser Wortgleichheit des Inhalts der betreffenden Informationen kann bei der Verfügung, die zu diesem Zweck ergeht, nicht angenommen werden, dass sie dem Hosting-Anbieter eine allgemeine Pflicht zur Überwachung der von ihm gespeicherten Informationen oder eine allgemeine Pflicht, aktiv nach Umständen zu forschen, die auf eine rechtswidrige Tätigkeit hinweisen, im Sinne von Art. 15 Abs. 1 der Richtlinie 2000/31 auferlegt.

38      Zweitens stellt das vorlegende Gericht im Wesentlichen die Frage, ob Art. 15 Abs. 1 der Richtlinie 2000/31 es einem Gericht eines Mitgliedstaats verwehrt, einem Hosting-Anbieter aufzugeben, die von ihm gespeicherten Informationen, die einen sinngleichen Inhalt haben wie Informationen, die zuvor für rechtswidrig erklärt worden sind, zu entfernen oder den Zugang zu ihnen zu sperren.

39      Aus den Angaben in der Vorlageentscheidung geht hervor, dass das vorlegende Gericht mit dem Begriff „sinngleiche Informationen“ auf Informationen abstellt, die eine Aussage vermitteln, deren Inhalt im Wesentlichen unverändert bleibt und daher sehr wenig von dem Inhalt abweicht, der zur Feststellung der Rechtswidrigkeit geführt hat.

40      Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass sich die Rechtswidrigkeit des Inhalts einer Information nicht als solche aus der Verwendung gewisser Begriffe ergibt, die auf bestimmte Weise verbunden werden, sondern daraus, dass die mit diesem Inhalt vermittelte Aussage als rechtswidrig eingestuft wird, wenn es sich wie hier um diffamierende Äußerungen über eine bestimmte Person handelt.

41      Damit eine Verfügung, mit der eine rechtswidrige Handlung abgestellt und ihre Wiederholung sowie ein weiterer Schaden bei den Betroffenen verhindert werden sollen, diese Ziele tatsächlich erreichen kann, muss sich diese Verfügung folglich auf Informationen erstrecken können, deren Inhalt wegen der verwendeten Worte oder ihrer Kombination im Vergleich zu der Information, deren Inhalt für rechtswidrig erklärt worden ist, zwar leicht unterschiedlich formuliert ist, aber im Wesentlichen die gleiche Aussage vermittelt. Andernfalls könnten nämlich, wie das vorlegende Gericht ausführt, die Wirkungen, die an eine solche Verfügung geknüpft sind, leicht umgangen werden, indem Aussagen gespeichert werden, die sich kaum von den zuvor für rechtswidrig erklärten Aussagen unterscheiden, was dazu führen könnte, dass die betroffene Person eine Vielzahl von Verfahren anstrengen muss, um zu erwirken, dass das Verhalten, dessen Opfer sie ist, aufhört.

42      In diesem Zusammenhang ist allerdings darauf hinzuweisen, dass – wie sich aus Art. 15 Abs. 1 der Richtlinie 2000/31 und aus den Ausführungen in Rn. 34 des vorliegenden Urteils ergibt – ein Gericht eines Mitgliedstaats zum einen gegen einen Hosting-Anbieter keine Verfügung erlassen kann, die ihn verpflichtet, allgemein die von ihm gespeicherten Informationen zu überwachen, und ihn zum anderen auch nicht zwingen kann, aktiv nach Umständen zu forschen, auf denen der rechtswidrige Inhalt beruht.

43      Insbesondere lässt sich insoweit dem 41. Erwägungsgrund der Richtlinie 2000/31 entnehmen, dass der Unionsgesetzgeber mit ihrem Erlass ein Gleichgewicht zwischen den verschiedenen beteiligten Interessen schaffen wollte.

44      Somit impliziert Art. 15 Abs. 1 der Richtlinie 2000/31, dass das Ziel einer Verfügung im Sinne von Art. 18 Abs. 1 dieser Richtlinie, das insbesondere darin besteht, den Ruf und die Ehre einer Person wirksam zu schützen, im Licht des 41. Erwägungsgrundes der Richtlinie nicht durch eine übermäßige Verpflichtung des Hosting-Anbieters verfolgt werden kann.

45      In Anbetracht des Vorstehenden müssen die sinngleichen Informationen, auf die in Rn. 41 des vorliegenden Urteils Bezug genommen wird, spezifische Einzelheiten umfassen, die von demjenigen, der die Verfügung erlassen hat, gebührend identifiziert worden sind, wie den Namen der von der zuvor festgestellten Verletzung betroffenen Person, die Umstände, unter denen diese Verletzung festgestellt wurde, und einen Inhalt, der dem für rechtswidrig erklärten Inhalt sinngleich ist. Unterschiede in der Formulierung dieses sinngleichen Inhalts im Vergleich zu dem für rechtswidrig erklärten Inhalt dürfen jedenfalls nicht so geartet sein, dass sie den Hosting-Anbieter zwingen, eine autonome Beurteilung dieses Inhalts vorzunehmen.

46      Unter diesen Umständen erscheint eine Verpflichtung wie die oben in den Rn. 41 und 45 beschriebene zum einen, indem sie sich auch auf Informationen sinngleichen Inhalts erstreckt, hinreichend wirksam, um den Schutz der von den diffamierenden Äußerungen betroffenen Person sicherzustellen. Zum anderen wird dieser Schutz nicht durch eine übermäßige Verpflichtung des Hosting-Anbieters gewährleistet, da die Überwachung und das Nachforschen, die sie erfordert, auf die Informationen beschränkt sind, die die in der Verfügung genau bezeichneten Einzelheiten enthalten, und da ihr diffamierender Inhalt sinngleicher Art den Hosting-Anbieter nicht verpflichtet, eine autonome Beurteilung vorzunehmen, so dass er auf automatisierte Techniken und Mittel zur Nachforschung zurückgreifen kann.

47      Eine solche Verfügung ist mithin insbesondere nicht so geartet, dass dem Hosting-Anbieter eine Pflicht zur allgemeinen Überwachung der von ihm gespeicherten Informationen oder eine allgemeine Pflicht, aktiv nach Umständen zu forschen, die auf eine rechtswidrige Tätigkeit hinweisen, im Sinne von Art. 15 Abs. 1 der Richtlinie 2000/31 auferlegt wird.

48      Drittens legt der Wortlaut der Fragen des vorlegenden Gerichts an den Gerichtshof nahe, dass seine Zweifel – auch wenn die Gründe seiner Vorlageentscheidung dazu keine weiteren Erläuterungen enthalten – auch die Frage betreffen, ob Art. 15 Abs. 1 der Richtlinie 2000/31 möglicherweise dem entgegensteht, dass Verfügungen im Sinne der Rn. 37 und 46 des vorliegenden Urteils weltweit Wirkungen erzeugen können.

49      Zur Beantwortung dieser Frage ist darauf hinzuweisen, dass die Richtlinie 2000/31 – wie insbesondere aus ihrem Art. 18 Abs. 1 hervorgeht – in dieser Hinsicht keine Beschränkung, insbesondere in räumlicher Hinsicht, der Reichweite der Maßnahmen vorsieht, die die Mitgliedstaaten nach dieser Richtlinie erlassen dürfen.

50      Folglich steht die Richtlinie 2000/31 in Anbetracht auch der Rn. 29 und 30 des vorliegenden Urteils nicht dem entgegen, dass diese Verfügungen weltweit Wirkungen erzeugen.

51      Aus den Erwägungsgründen 58 und 60 dieser Richtlinie geht jedoch hervor, dass der Unionsgesetzgeber angesichts der globalen Dimension des elektronischen Geschäftsverkehrs von der Notwendigkeit ausging, dafür Sorge zu tragen, dass die Unionsvorschriften in diesem Bereich mit den internationalen Regeln in Einklang stehen.

52      Es ist Sache der Mitgliedstaaten, dafür zu sorgen, dass die von ihnen erlassenen Maßnahmen, die weltweit Wirkungen erzeugen, diese Regeln gebührend berücksichtigen.

53      Nach alledem ist auf die ersten beiden Fragen zu antworten, dass die Richtlinie 2000/31, insbesondere ihr Art. 15 Abs. 1, dahin auszulegen ist, dass sie es einem Gericht eines Mitgliedstaats nicht verwehrt,

–        einem Hosting-Anbieter aufzugeben, die von ihm gespeicherten Informationen, die den wortgleichen Inhalt haben wie Informationen, die zuvor für rechtswidrig erklärt worden sind, zu entfernen oder den Zugang zu ihnen zu sperren, unabhängig davon, wer den Auftrag für die Speicherung der Informationen gegeben hat;

–        einem Hosting-Anbieter aufzugeben, die von ihm gespeicherten Informationen, die einen sinngleichen Inhalt haben wie Informationen, die zuvor für rechtswidrig erklärt worden sind, zu entfernen oder den Zugang zu ihnen zu sperren, sofern die Überwachung und das Nachforschen der von einer solchen Verfügung betroffenen Informationen auf solche beschränkt sind, die eine Aussage vermitteln, deren Inhalt im Vergleich zu dem Inhalt, der zur Feststellung der Rechtswidrigkeit geführt hat, im Wesentlichen unverändert geblieben ist, und die die Einzelheiten umfassen, die in der Verfügung genau bezeichnet worden sind, und sofern die Unterschiede in der Formulierung dieses sinngleichen Inhalts im Vergleich zu der Formulierung, die die zuvor für rechtswidrig erklärte Information ausmacht, nicht so geartet sind, dass sie den Hosting-Anbieter zwingen, eine autonome Beurteilung dieses Inhalts vorzunehmen;

–        einem Hosting-Anbieter aufzugeben, im Rahmen des einschlägigen internationalen Rechts weltweit die von der Verfügung betroffenen Informationen zu entfernen oder den Zugang zu ihnen zu sperren.

 Zur dritten Frage

54      In Anbetracht der Antwort auf die erste und die zweite Frage erübrigt sich die Prüfung der dritten Frage.

 Kosten

55      Für die Parteien des Ausgangsverfahrens ist das Verfahren ein Zwischenstreit in dem beim vorlegenden Gericht anhängigen Rechtsstreit; die Kostenentscheidung ist daher Sache dieses Gerichts. Die Auslagen anderer Beteiligter für die Abgabe von Erklärungen vor dem Gerichtshof sind nicht erstattungsfähig.

Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Dritte Kammer) für Recht erkannt:

Die Richtlinie 2000/31/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 8. Juni 2000 über bestimmte rechtliche Aspekte der Dienste der Informationsgesellschaft, insbesondere des elektronischen Geschäftsverkehrs, im Binnenmarkt („Richtlinie über den elektronischen Geschäftsverkehr“), insbesondere ihr Art. 15 Abs. 1, ist dahin auszulegen, dass sie es einem Gericht eines Mitgliedstaats nicht verwehrt,

–        einem Hosting-Anbieter aufzugeben, die von ihm gespeicherten Informationen, die den wortgleichen Inhalt haben wie Informationen, die zuvor für rechtswidrig erklärt worden sind, zu entfernen oder den Zugang zu ihnen zu sperren, unabhängig davon, wer den Auftrag für die Speicherung der Informationen gegeben hat;

–        einem Hosting-Anbieter aufzugeben, die von ihm gespeicherten Informationen, die einen sinngleichen Inhalt haben wie Informationen, die zuvor für rechtswidrig erklärt worden sind, zu entfernen oder den Zugang zu ihnen zu sperren, sofern die Überwachung und das Nachforschen der von einer solchen Verfügung betroffenen Informationen auf solche beschränkt sind, die eine Aussage vermitteln, deren Inhalt im Vergleich zu dem Inhalt, der zur Feststellung der Rechtswidrigkeit geführt hat, im Wesentlichen unverändert geblieben ist, und die die Einzelheiten umfassen, die in der Verfügung genau bezeichnet worden sind, und sofern die Unterschiede in der Formulierung dieses sinngleichen Inhalts im Vergleich zu der Formulierung, die die zuvor für rechtswidrig erklärte Information ausmacht, nicht so geartet sind, dass sie den Hosting-Anbieter zwingen, eine autonome Beurteilung dieses Inhalts vorzunehmen;

–        einem Hosting-Anbieter aufzugeben, im Rahmen des einschlägigen internationalen Rechts weltweit die von der Verfügung betroffenen Informationen zu entfernen oder den Zugang zu ihnen zu sperren.

Drittschuldnerin ist bei der Pfändung der Ansprüche des Domaininhabers die DENIC eG

a) Die Inhaberschaft an einer Internet-Domain unter der Top-Level-Domain „de“ gründet sich auf die Gesamtheit der schuldrechtlichen Ansprüche, die dem Inhaber der Domain aus dem Registrierungsvertrag gegenüber der DENIC eG zustehen. Diese Ansprüche sind Gegenstand der Pfändung nach § 857 Abs. 1 ZPO (im Anschluss an BGH, Beschluss vom 5. Juli 2005 – VII ZB 5/05, NJW 2005, 3353).
b) Drittschuldnerin ist bei der Pfändung der Gesamtheit der schuldrechtlichen Ansprüche des Domaininhabers aus dem Registrierungsvertrag die DENIC eG (im Anschluss an BFHE 258, 223).
c) Bei einer Verwertung der gepfändeten Ansprüche nach § 857 Abs. 1, § 844 Abs. 1 ZPO durch Überweisung an Zahlungs statt zu einem Schätzwert übernimmt der Gläubiger sämtliche Ansprüche aus dem Registrierungsvertrag mit der DENIC eG einschließlich der vertraglichen Position als zu registrierender Domaininhaber.

BGH URTEIL VII ZR 288/17 vom 11. Oktober 2018

ZPO § 829, § 835, § 844 Abs. 1, § 857 Abs. 1 (mehr …)

Keine „irreführende Unterlassung“, wenn dem Verbraucher die Informationen über die Testbedingungen vorenthalten werden

1. Art. 7 der Richtlinie 2005/29/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Mai 2005 über unlautere Geschäftspraktiken von Unternehmen gegenüber Verbrauchern im Binnenmarkt und zur Änderung der Richtlinie 84/450/EWG des Rates, der Richtlinien 97/7/EG, 98/27/EG und 2002/65/EG des Europäischen Parlaments und des Rates sowie der Verordnung (EG) Nr. 2006/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates ist dahin auszulegen, dass es keine „irreführende Unterlassung“ im Sinne dieser Vorschrift darstellt, wenn dem Verbraucher die Informationen über die Testbedingungen, die zu der auf dem Etikett über die Energieklasse der Staubsauger nach den Vorgaben in Anhang II der Delegierten Verordnung (EU) Nr. 665/2013 der Kommission vom 3. Mai 2013 zur Ergänzung der Richtlinie 2010/30/EU des Europäischen Parlaments und des Rates im Hinblick auf die Energieverbrauchskennzeichnung von Staubsaugern angegebenen Energieeinstufung geführt haben, vorenthalten werden.

2. Die Delegierte Verordnung Nr. 665/2013 in Verbindung mit Art. 3 Abs. 1 Buchst. b der Richtlinie 2010/30/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 19. Mai 2010 über die Angabe des Verbrauchs an Energie und anderen Ressourcen durch energieverbrauchsrelevante Produkte mittels einheitlicher Etiketten und Produktinformationen ist dahin auszulegen, dass sie dem entgegensteht, dass an anderer Stelle als auf dem Etikett über die Energieklasse der Staubsauger nach den Vorgaben in Anhang II der Delegierten Verordnung Nr. 665/2013 Etiketten oder Symbole angebracht werden, die auf die Informationen auf dem Energieetikett verweisen, wenn diese Anbringung beim Endverbraucher zu Irreführung oder Unklarheit hinsichtlich des Energieverbrauchs des fraglichen im Einzelhandel vertriebenen Staubsaugers während seines Gebrauchs führen kann; dies unter Berücksichtigung aller einschlägigen Gesichtspunkte aus Sicht des normal informierten und angemessen aufmerksamen und kritischen Durchschnittsverbrauchers unter Berücksichtigung sozialer, kultureller und sprachlicher Faktoren zu prüfen, ist Sache des vorlegenden Gerichts.

URTEIL DES GERICHTSHOFS (Vierte Kammer)

25. Juli 2018(*)

„Vorlage zur Vorabentscheidung – Einzelhandelsverkauf von Staubsaugern – Energieklasse-Etikett – Richtlinie 2010/30/EU – Delegierte Verordnung (EU) Nr. 665/2013 – Staubsauger – Anbringung weiterer Symbole – Unlautere Geschäftspraktiken – Verbraucherschutz – Richtlinie 2005/29/EG – Art. 7 – Fehlende Klarstellung, unter welchen Bedingungen die Energieeffizienz gemessen wird – Irreführende Unterlassung“

In der Rechtssache C‑632/16 (mehr …)

Unzulässige Verfassungsbeschwerde gegen die Ausschüttungspraxis von Verwertungsgesellschaften: Einnahmen aus der Wahrnehmung von urheberrechtlichen Rechten und Ansprüchen auch an Verlage auszuschütten, da diese nur den Urhebern zustünden

Mit heute veröffentlichtem Beschluss hat die 3. Kammer des Ersten Senats des Bundesverfassungsgerichts eine Verfassungsbeschwerde eines Verlags nicht zur Entscheidung angenommen. Diese richtete sich gegen ein Urteil des Bundesgerichtshofs, wonach Verwertungsgesellschaften nicht berechtigt sind, Einnahmen aus der Wahrnehmung von urheberrechtlichen Rechten und Ansprüchen auch an Verlage auszuschütten, da diese nur den Urhebern zustünden. Die Verfassungsbeschwerde ist bereits unzulässig, da sie nicht den Anforderungen an eine hinreichende Darlegung der behaupteten Grundrechtsverletzung entspricht. Die Beschwerdeführerin hat nicht substantiiert vorgetragen, durch das Urteil unter anderem in ihren Grundrechten aus Art. 14 Abs. 1 Satz 1, Art. 3 Abs. 1 sowie Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG verletzt zu sein.

Sachverhalt:

Die Beschwerdeführerin ist ein Verlag, der unter anderem die Werke des Klägers des Ausgangsverfahrens verlegt. Die Beklagte des Ausgangsverfahrens ist eine Verwertungsgesellschaft. Der Kläger und die Beklagte schlossen einen Wahrnehmungsvertrag, wonach der Kläger als Urheber seine gesetzlichen Vergütungsansprüche für alle bereits geschaffenen und noch zukünftig zu schaffenden Werke der Beklagten zur treuhänderischen Wahrnehmung übertrug. Bestandteil des Wahrnehmungsvertrags war zudem ein Verteilungsplan, durch den auch der Verlag nach einem bestimmten Schlüssel an dem Erlös beteiligt wurde. Der von dem Kläger gegen diese Ausschüttungspraxis gerichteten Feststellungsklage wurde überwiegend stattgegeben. Das Landgericht begründete die Entscheidung damit, dass die Ausschüttungspraxis willkürlich sei und gegen § 7 des Gesetzes über die Wahrnehmung von Urheberrechten und verwandten Schutzrechten (UrhG) verstoße. Nachdem das Oberlandesgericht das landgerichtliche Urteil im Wesentlichen bestätigte, entschied der Bundesgerichtshof die Revision ebenfalls zu Gunsten des Klägers. Als Treuhänderin dürfte die Beklagte die Erlöse nicht an Nichtberechtigte auskehren. Ein solcher Anspruch ergebe sich weder aus § 63a Satz 2 Fall 2 des Gesetzes über Urheberrecht und verwandte Schutzrechte (UrhG) noch aus § 8 des Gesetzes über das Verlagsrecht oder unionsrechtlichen Vorschriften. Mit ihrer Verfassungsbeschwerde rügt die Beschwerdeführerin, die in der Revisionsinstanz als Nebenintervenientin auf Seiten der Beklagten beigetreten ist, unter anderem eine Verletzung ihres Eigentumsrechts und den Entzug des gesetzlichen Richters.

Wesentliche Erwägungen der Kammer:

Die Verfassungsbeschwerde ist unzulässig, da sie den Anforderungen an eine substantiierte Darlegung einer Grundrechtsverletzung nicht gerecht wird.

1. Eine Verletzung von Art. 14 Abs. 1 GG in Gestalt ihres Vervielfältigungs- und Verbreitungsrechts hat die Beschwerdeführerin nicht ausreichend dargelegt.

a) Gesetzliche Vergütungsansprüche sollen nach dem Willen des Gesetzgebers ausschließlich dem Urheber zugutekommen. Dafür ist es unerheblich, dass dieser Vergütungsanspruch zunächst von einer Verwertungsgesellschaft wahrgenommen wird und erst im Anschluss an den Urheber ausgeschüttet wird. Auch aus der ständigen Praxis der Verlegerbeteiligung kann die Beschwerdeführerin keinen Anspruch herleiten.

b) Die Beschwerdeführerin greift mittelbar die urheberrechtlichen Schrankenbestimmungen selbst an, zeigt jedoch nicht auf, von welchen urheberrechtlichen Schrankenbestimmungen sie sich konkret betroffen sieht, und setzt sich auch nicht mit der Unterscheidung zwischen Schranken auseinander, die schon vor dem Erwerb des Verlagsrechts bestanden, und solchen, die erst nachträglich dieses Recht beschränkten.

c) Der Bundesgerichtshof hat in seinem Urteil festgestellt, dass eine Beteiligung von Verlegern an Rechten und Ansprüchen von Urhebern grundsätzlich möglich ist, wenn die Ansprüche wirksam an diese abgetreten worden sind. Eine wirksame Abtretung scheitert aber, wenn die Rechte und Ansprüche zuvor an Dritte wie die Beklagte abgetreten worden sind. Wie der Beschwerdeführerin dennoch abgeleitete Ansprüche der Urheber zustehen können, hat sie nicht dargelegt.

2. Soweit die Beschwerdeführerin eine Verletzung von Art. 3 Abs. 1 GG rügt, da sie gegenüber Tonträger- und Filmherstellern ungleich behandelt werde, ist ihr Vortrag unsubstantiiert. Die Beschwerdeführerin hat nicht dargelegt, inwieweit die Leistung der Verleger mit denen von Tonträgern und Filmherstellern vergleichbar ist, und befasst sich nicht mit den Gründen, warum der Gesetzgeber diesen im Vergleich zu Verlegern Leistungsschutzrechte zugesprochen hat.

3. Darüber hinaus hat die Beschwerdeführerin nicht substantiiert dargelegt, dass ihr der gesetzliche Richter entzogen wurde, indem der Bundesgerichtshof die Entscheidung nicht dem Europäischen Gerichtshof gemäß Art. 267 Abs. 3 AEUV vorlegte. Der Prüfungsmaßstab des Bundesverfassungsgerichts ist auf die Frage beschränkt, ob der Bundesgerichtshof die Vorlagepflicht in vertretbarer Art und Weise gehandhabt hat. Dies ist vorliegend der Fall. Aus dem Urteil des Bundesgerichtshofs geht hervor, dass er keine Zweifel hinsichtlich der richtlinienkonformen Auslegung des § 63a Satz 2 Fall 2 UrhG hatte. Dass die Rechtsprechung bezüglich weiterer entscheidungserheblicher Normen unvollständig wäre und damit eine Vorlagepflicht bestanden hätte, hat die Beschwerdeführerin nicht aufgezeigt. (mehr …)

Werbung für ein Nahrungsergänzungsmittel verstößt gegen §§ 38, 43 AMG, wenn sich das Produkt im Kontext als homöopathisches Präsentationsarzneimittel darstellt

Die Werbung für ein Nahrungsergänzungsmittel verstößt gegen §§ 38, 43 AMG, wenn sich das Produkt im Kontext der streitgegenständlichen Werbung für den durchschnittlich informierten Verbraucher als homöopathisches Präsentationsarzneimittel darstellt.

OLG Celle 13. Zivilsenat, Beschluss vom 08.05.2017, 13 U 35/17

§ 3 Abs 1 UWG, § 3a UWG, § 38 Abs 1 S 1 AMG, § 43 Abs 1 S 1 AMG

vorgehend LG Stade, 16. Februar 2017, Az: 8 O 106/16, Urteil
nachgehend OLG Celle, 21. Juni 2017, Az: 13 U 35/17, Beschluss (mehr …)

Wortmarke „Pippi Langstrumpf“ für die Dienstleistungen „Beherbergung von Gästen“ schutzfähig

Der Wortmarke „Pippi Langstrumpf“ fehlt für die Dienstleistungen der Klasse 42 „Beherbergung von Gästen“ nicht jegliche Unterscheidungskraft. Etwaige inhalt-liche Zuschreibungen, die der Verkehr von der Romanfigur auf unter ihrem Na-men angebotene Beherbergungsdienstleistungen übertragen mag, begründen allenfalls einen beschreibenden Anklang der angegriffenen Marke, beseitigen jedoch nicht ihre Eignung, als Hinweis auf die betriebliche Herkunft der be-troffenen Dienstleistung zu wirken.

BGH BESCHLUSS I ZB 97/16 vom 5. Oktober 2017 – Pippi-Langstrumpf-Marke

MarkenG § 8 Abs. 2 Nr. 1, § 50 Abs. 1
(mehr …)

Verbot der Ausgabe von „BonusBons“ bei der Einlösung eines Rezeptes über verschreibungspflichtige Arzneimittel

1. Die Ausgabe von Wertbons bei der ausschließlichen Einlösung eines Rezeptes über verschreibungspflichtige Arzneimittel zur späteren Verrechnung mit dem Kaufpreis nicht preisgebundener Waren verstößt gegen die Arzneimittelpreisbindung nach § 78 Abs. 1 und 2 AMG.

2. Die Arzneimittelpreisbindung nach § 78 Abs. 1 und 2 AMG ist bei einer nicht grenzüberschreitenden Abgabe verschreibungspflichtiger Arzneimittel auch nach der Entscheidung des EuGH vom 19. Oktober 2016 – C – 148/15 – „Deutsche Parkinson Vereinigung“ weiter gültig und zu beachten.

3. Für die Annahme einer an der wettbewerbsrechtlichen „Spürbarkeitsschwelle“ orientierten „Eingriffsschwelle“ im Rahmen des nach § 69 Abs. 1 Satz 1 AMG bestehenden Entschließungsermessens der Aufsichtsbehörde besteht nach der Ergänzung des § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 HWG durch das Dritte Gesetz zur Änderung arzneimittelrechtlicher und anderer Vorschriften vom 7. August 2013 kein Raum mehr.

OVG Lüneburg 13. Senat, Beschluss vom 02.08.2017, 13 ME 122/17 (mehr …)

Pfändung einer Domain durch das Finanzamt zulässig, wobei die Denic eG Drittschuldner ist

1. Die Gesamtheit der zwischen dem Inhaber einer Internet-Domain und der jeweiligen Vergabestelle bestehenden schuldrechtlichen Haupt- und Nebenansprüche kann als ein anderes Vermögensrecht nach § 321 Abs. 1 AO Gegenstand einer Pfändung sein.

2. Die Vergabestelle als Vertragspartner des mit dem Domaininhaber geschlossenen Domainvertrags ist Drittschuldner i.S. des § 309 Abs. 1 AO und damit nach § 316 AO erklärungspflichtig.

3. Bei der Pfändung der sich aus einem Domainvertrag ergebenden Ansprüche hat die Vollstreckungsbehörde insbesondere in Hinblick auf den Wert und die Verwertbarkeit dieser Ansprüche den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zu beachten.

BUNDESFINANZHOF Urteil vom 20.6.2017 zu VII R 27/15 – Pfändung einer Internet-Domain unter Beachtung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes zulässig (mehr …)

Parallelimporteur eines Produkts mit CE-Kennzeichnung ist nicht verpflichtet, eine neue Bewertung vornehmen zu lassen

a) Der Parallelimporteur eines Produkts zur Eigenanwendung für die Blutzuckerbestimmung, das die CE-Kennzeichnung trägt und von einer benannten Stelle einer Konformitätsbewertung unterzogen worden ist, ist nicht verpflichtet, eine neue Bewertung vornehmen zu lassen, mit der die Konformität der Kennzeichnung und der Gebrauchsanweisung dieses Produkts wegen ihrer Übersetzung in die Amtssprache des Einfuhrmitgliedstaats bescheinigt wer-den soll (im Anschluss an EuGH, Urteil vom 13. Oktober 2016 – C-277/15, GRUR Int. 2016, 1149 Rn. 52 = WRP 2017, 161 Servoprax/RDD; Aufgabe
von BGH, Urteil vom 12. Mai 2010 I ZR 185/07, GRUR 2010, 756 Rn. 11 = WRP 2010, 1020 One Touch Ultra).
b) Unterlassungsansprüche, Auskunfts- und Schadensersatzansprüche sowie Ansprüche auf Abmahnkostenersatz hängen nicht in einer Weise voneinan-der ab, die die Erhebung einer Zwischenfeststellungsklage gemäß § 256 Abs. 2 ZPO zulässt (Ergänzung zu BGH, Urteil vom 2. Mai 2002 – I ZR 45/01, BGHZ 150, 377, 383 – Faxkarte; Urteil vom 31. Mai 2012 I ZR 45/11, GRUR 2012, 949 Rn. 36 = WRP 2012, 1086 Missbräuchliche Vertragsstrafe).
c) Gegenüber einer nach vorausgegangenem Verfügungsverfahren erhobenen Hauptsacheklage kann im Wege der Widerklage ein Antrag auf Aufhebung der einstweiligen Verfügung verfolgt werden.
d) Bei einer nach Erlass einer einstweiligen Verfügung erhobenen Haupt-sacheklage liegt der für die Zulässigkeit einer Hilfswiderklage auf Aufhebung der einstweiligen Verfügung im Falle der Abweisung der Hauptsacheklage gemäß § 33 Abs. 1 ZPO erforderliche Sachzusammenhang regelmäßig vor.
e) Mit der Revision kann die Aufhebung einer einstweiligen Verfügung im Wege der (Eventual)Widerklage nicht begehrt werden.

BGH URTEIL I ZR 152/13 vom 1. Juni 2017 – Teststreifen zur Blutzuckerkontrolle II (mehr …)

Auch eine SMS-Mitteilung ohne vorherige Zustimmung des Empfängers ist als unlautere belästigende Werbung einzustufen.

Auch eine SMS-Mitteilung, durch die auf ein gemeinnütziges Projekt hingewiesen wird, stellt Werbung dar, wenn aus ihr das werbende Unternehmen und dessen Geschäftsgegenstand hinreichend erkennbar wird; die Versendung einer solchen SMS ohne vorherige Zustimmung des Empfängers ist daher als unlautere belästigende Werbung einzustufen.

OLG Frankfurt am Main Urteil vom 06.10.2016 Az.: 6 U 54/16 – Unaufgeforderte E-Mail-Werbung durch auf ein gemeinnütziges Projekt hinweisende SMS-Mitteilung

LG Hanau – 20.01.2016 – AZ: 5 O 71/15

UWG § 7 Abs. 2 Nr. 3 (mehr …)

Das Zeichen „KI“ ist unterscheidungskräftig, ki.de namensrechtlich geschützt

1. Dem Unternehmenskennzeichen „KI“ kommt originäre Unterscheidungskraft zu; es ist daher außerhalb des Anwendungsbereichs von §§ 5, 15 MarkenG auch namensrechtlich (§ 12 BGB) geschützt.
2. Der Namensschutz eines Unternehmenskennzeichens ist grundsätzlich auch gegenüber einem registrierten, identischen Domainnamen gegeben, es sei denn, der Verkehr versteht den Domainnamen sogleich als Gattungsbegriff. Dies ist bei dem Domainnamen „ki.de“ nicht der Fall; insbesondere sieht der Verkehr in den Buchstaben „ki“ nicht ausschließlich die Abkürzung für „künstliche Intelligenz“.

OLG Frankfurt am Main Urteilt vom 10.03.2016 Az.: 6 U 12/15 – Namensverletzung durch Domainnamensregistrierung

LG Frankfurt am Main – 04.12.2014 – AZ: 2-3 O 241/10

BGB § 12 (mehr …)

Bushido verliert Klage gegen die Indizierung seiner CD Sonny Black: Jugendschutz geht über Kunstfreiheit

Das Verwaltungsgericht Köln hat mit Urteil vom 02.09.2016 die Klage von Bushido gegen die Indizierung seiner CD Sonny Black abgewiesen.

Die Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien hatte im April 2015 entschieden, die CD Sonny Black in die Liste der jugendgefährdenden Medien aufzunehmen.

Dagegen hat Bushido geklagt und zur Begründung vorgetragen, die CD sei nicht jugendgefährdend. Die Verbreitung des Albums über die Webseite, den Twitter-Account und den Youtube-Kanal habe ausschließlich seine Fans erreicht, die mit den Eigenarten des Gangsta- und Battle-Raps vertraut seien. Diese Fans wüssten, dass es sich bei Sonny Black um die Inszenierung einer Kunstfigur handele. Die Bundesprüfstelle habe den Kunstgehalt des Werkes nicht genügend ermittelt. Insbesondere habe sie die übrigen am Werk beteiligten Künstler nicht angehört. Sie habe sich auch mit dem Kunstwert nicht ausreichend auseinandergesetzt. Dabei habe sie nicht beachtet, dass sein Gesamtwerk eine umfangreiche Beachtung erfahren habe.

Das Gericht hat die Indizierungsentscheidung der Bundesprüfstelle bestätigt und ausgeführt, Inhalte der CD seien jugendgefährdend, also geeignet, jedenfalls labile und gefährdungsgeneigte Jugendliche in ihrer Erziehung und Entwicklung zu gefährden. Denn Gewalt werde als adäquates Mittel der Auseinandersetzung propagiert und Frauen und Homosexuelle würden diskriminiert. Die jugendgefährdende Wirkung bestehe auch, wenn man berücksichtige, dass es sich um die Inszenierung einer Rollenfigur handele.

Der Gesichtspunkt der Kunstfreiheit stehe der Indizierung nicht entgegen. Denn die Interessen des Jugendschutzes seien hier höher zu gewichten als die Kunstfreiheit der Urheber. Dabei sei auch zu beachten, dass das Werk durch die Indizierung nicht vollständig verboten werde, sondern die Indizierung lediglich zur Folge habe, dass es Kindern und Jugendlichen nicht zugänglich gemacht werden dürfe.

Gegen das Urteil kann Berufung eingelegt werden, über die das Oberverwaltungsgericht in Münster entscheidet.

AZ: 19 K 3287/15

Schadensersatz wegen Mitbietens des Verkäufers einer eBay-Auktion begründet – Shill Bidding

BGH Urteil vom 24. August 2016 – VIII ZR 100/15 – Shill Bidding

Der Bundesgerichtshof hat sich heute in einer Entscheidung mit den rechtlichen Auswirkungen von Geboten befasst, die der Verkäufer im Rahmen einer Internetauktion auf von ihm selbst zum Kauf angebotene Gegenstände abgibt, um auf diese Weise den Auktionsverlauf zu seinen Gunsten zu manipulieren.

Der Sachverhalt:

Im Juni 2013 bot der Beklagte auf der Internetplattform eBay einen gebrauchten PKW Golf 6 im Wege einer Internetauktion mit einem Startpreis von 1 € zum Verkauf an. Diesen Betrag bot ein unbekannt gebliebener Fremdbieter. Als einziger weiterer Fremdbieter beteiligte sich der Kläger an der Auktion. Dabei wurde er vom Beklagten, der über ein zweites Benutzerkonto Eigengebote abgab, immer wieder überboten. Derartige Eigengebote sind nach den zugrunde liegenden Allgemeinen Geschäftsbedingungen von eBay unzulässig. Bei Auktionsschluss lag ein „Höchstgebot“ des Beklagten über 17.000 € vor, so dass der Kläger mit seinem danach in gleicher Höhe abgegebenen Gebot nicht mehr zum Zuge kam.

Der Kläger ist der Auffassung, er habe das Kraftfahrzeug für 1,50 € – den auf 1 € folgenden nächsthöheren Bietschritt – ersteigert, da er ohne die unzulässige Eigengebote des Beklagten die Auktion bereits mit einem Gebot in dieser Höhe „gewonnen“ hätte. Nachdem der Beklagte ihm mitgeteilt hatte, das Fahrzeug bereits anderweitig veräußert zu haben, verlangte der Kläger Schadensersatz in Höhe des von ihm mit mindestens 16.500 € angenommenen Marktwerts des Fahrzeugs. (mehr …)

Die Verdachtsberichterstattung über eine Organentnahme ist von der Pressefreiheit und der Meinungsfreiheit gedeckt.

Die Verdachtsberichterstattung über eine Organentnahme ist von der Pressefreiheit und der Meinungsfreiheit gedeckt.

BGH URTEIL VI ZR 505/14 vom 12. April 2016

BGB § 823

Zu der zutreffenden Sinndeutung einer Äußerung und zu den Voraussetzungen einer zulässigen Verdachtsberichterstattung (hier: Pressebericht über eine Organentnahme).

BGH, Urteil vom 12. April 2016 – VI ZR 505/14 – OLG Frankfurt am Main

LG Frankfurt am Main

Der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 12. April 2016 durch den Vorsitzenden Richter Galke, die Richter Stöhr und Offenloch und die Richterinnen Dr. Oehler und Dr. Roloff
für Recht erkannt:

Auf die Rechtsmittel der Beklagten werden das Urteil des 16. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 6. November 2014 auf-gehoben und das Urteil des Landgerichts Frankfurt am Main vom 31. Ok-tober 2013 abgeändert.

Die Klage wird abgewiesen.
Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

(mehr …)

Die Einordnung eines Präparats als Funktionsarzneimittel kann nicht auf eine Angabe gestützt werden, die nur für die Einordnung als Präsentationsarzneimittel spricht.

Die Einordnung eines Präparats als Funktionsarzneimittel kann nicht auf eine Angabe gestützt werden, die nur für die Einordnung als Präsentationsarzneimittel spricht.

BGH URTEIL I ZR 205/13 vom 25. Juni 2015 – Mundspüllösung III

ArzneimittelG § 2 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a; Richtlinie 2001/83/EG Art. 1 Nr. 2 Buchst. b

(mehr …)

Das zentrale Mandat der Vereinigung der Presse-Grossisten für Verhandlungen mit den Verlagen über die Grosso-Konditionen verstösst nicht gegen Kartellrecht.

BGH Urteil vom 6. Oktober 2015 – KZR 17/14

Der Kartellsenat des Bundesgerichtshofs hat heute entschieden, dass das zentrale Mandat der Vereinigung der Presse-Grossisten für Verhandlungen mit den Verlagen über die Grosso-Konditionen nicht gegen Kartellrecht verstößt.

Die Klägerin ist die Vertriebsgesellschaft der Bauer Media Group, einem der größten deutschen Verlagshäuser. Der Beklagte ist ein Branchenverband, dem alle verlagsunabhängigen Presse-Grossisten angehören. In Deutschland werden nahezu alle Zeitungen und Zeitschriften, die über den stationären Einzelhandel mit Ausnahme der Bahnhofsbuchhandlungen verkauft werden, im Großhandel von verlagsunabhängigen Grossisten oder Grossisten mit unterschiedlicher Verlagsbeteiligung vertrieben. Grundsätzlich versorgt jeweils nur ein Grossist ein bestimmtes Gebiet mit den Publikationen sämtlicher Verlage. Lediglich in vier Gebieten besteht ein sog. Doppelgrosso. Die Grossisten kaufen die Zeitungen und Zeitschriften von den Verlagen und verkaufen sie zu gebundenen Preisen an die Einzelhändler in ihrem Gebiet. Die Vergütung der Grossisten richtet sich nach den Handelsspannen, die zwischen ihnen und den Verlagen jeweils für mehrere Jahre vereinbart werden. Für die verlagsunabhängigen und regelmäßig auch für die verlagsverbundenen Grossisten werden diese Verhandlungen zentral vom Beklagten geführt. Infolgedessen galten bisher zwischen den Verlagen und den Grossisten einheitliche Preise und Konditionen. Die Klägerin möchte nunmehr die Vertragskonditionen individuell mit den einzelnen Grossisten aushandeln, wozu diese jedoch nicht bereit sind. Die Klägerin will dem Beklagten deshalb verbieten lassen, für Presse-Grossisten in Deutschland einheitliche Grosso-Konditionen mit den Verlagen zu verhandeln, zu vereinbaren oder Presse-Grossisten aufzufordern, individuelle Verhandlungen mit der Klägerin über Grosso-Konditionen zu verweigern.

Die Vorinstanzen haben das zentrale Verhandlungsmandat als unzulässige Kartellabsprache angesehen und der Klage, gestützt auf das unionsrechtliche Kartellverbot (Art. 101 Abs. 1 AEUV*), stattgegeben.

Der Bundesgerichtshof hat die Klage abgewiesen. Ansprüche der Klägerin scheiden jedenfalls deshalb aus, weil Art. 101 Abs. 1 AEUV* auf das zentrale Verhandlungsmandat des Beklagten nach Art. 106 Abs. 2 AEUV** i.V.m. § 30 Abs. 2a GWB*** nicht anwendbar ist.

Nach Art. 106 Abs. 2 AEUV** ist eine Anwendung des EU-Kartellrechts ausgeschlossen, wenn Unternehmen mit einer Dienstleistung von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse betraut sind und die Anwendung der Wettbewerbsregeln die Erfüllung der diesen Unternehmen übertragenen besonderen Aufgabe rechtlich oder tatsächlich verhindern würde. Die dem Beklagten angehörenden Presse-Grossisten werden durch § 30 Abs. 2a GWB*** mit einer Dienstleistung von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse, nämlich dem flächendeckenden und diskriminierungsfreien Vertrieb von Zeitungen und Zeitschriften betraut. Dass die Presse-Grossisten lediglich betraut werden, „soweit“ sie eine der in § 30 Abs. 2a GWB*** genannten Branchenvereinbarungen abschließen, steht der Wirksamkeit des Betrauungsaktes nicht entgegen. Damit wird keine Bedingung formuliert, deren Eintritt ungewiss ist. Vielmehr ist der Gesetzgeber bewusst von den bestehenden Marktverhältnissen ausgegangen, die durch die seit Jahrzehnten bestehenden Branchenvereinbarungen geprägt sind. Diese gewährleisten einen flächendeckenden und diskriminierungsfreien Pressevertrieb.

Die Anwendung der Wettbewerbsregeln der Union auf das zentrale Verhandlungsmandat des Beklagten würde die Erfüllung der den Presse-Grossisten übertragenen Aufgaben im Sinne von Art. 106 Abs. 2 AEUV** verhindern. Dafür reicht es nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der EU aus, wenn die Geltung der Wettbewerbsvorschriften die Erfüllung dieser Aufgaben gefährdet. Für diese Beurteilung ist eine komplexe Prognose dazu erforderlich, wie sich die Marktverhältnisse bei Anwendung der Wettbewerbsregeln entwickeln würden. Gibt es – wie hier – keine Gemeinschaftsregelung und bestehen große Prognoseunsicherheiten, steht dem nationalen Gesetzgeber ein Einschätzungsspielraum zu. Entsprechend ist der gerichtliche Prüfungsumfang beschränkt.

Danach ist die Einschätzung des Gesetzgebers, der flächendeckende und diskriminierungsfreie Vertrieb von Zeitungen und Zeitschriften werde bei Anwendung der Wettbewerbsregeln auf das zentrale Verhandlungsmandat gefährdet, unionsrechtlich nicht zu beanstanden. Das zentrale Verhandlungsmandat ist, wie die Vergangenheit zeigt, geeignet, einen flächendeckenden und diskriminierungsfreien Pressevertrieb zu gewährleisten. Die Prognose des Gesetzgebers, dass es auch in Zukunft erforderlich ist, um diese Ziele zu sichern, ist plausibel. Es liegt nicht fern, dass bei einem Wegfall des zentralen Verhandlungsmandats große Verlage und Verlage mit auflagenstarken Titeln aufgrund ihrer Marktstärke sowie der großen Auflagen, deren Vertrieb sie nachfragen, bessere Preise und Konditionen durchsetzen können, so dass die Vertriebskosten für kleinere Verlage steigen werden. Es ist weiter plausibel, dass nach einem Aufbrechen der Gebietsmonopole mittels individueller Verhandlungen insgesamt höhere Vertriebskosten für den Pressevertrieb anfallen werden. In der Folge könnten sich für kleinere Verlage und unrentable Verkaufspunkte, vor allem in ländlichen Gebieten, schlechtere Vertriebskonditionen ergeben, so dass der Vertrieb von Nischenprodukten oder die Belieferung unrentabler Verkaufspunkte längerfristig gefährdet wird. Nicht zuletzt vor dem Hintergrund der verfassungsrechtlichen Bedeutung einer pluralistischen und möglichst umfassend vertriebenen Presse ist die der Ausnahmevorschrift des § 30 Abs. 2a GWB zugrunde liegende Beurteilung des Gesetzgebers daher nicht zu beanstanden.

LG Köln – Urteil vom 14. Februar 2012 – 88 O (Kart) 17/11

OLG Düsseldorf – Urteil vom 26. Februar 2014 – VI-U (Kart) 7/12

Karlsruhe, den 6. Oktober 2015

* Art. 101 AEUV Kartellverbot

(1)Mit dem Binnenmarkt unvereinbar und verboten sind alle Vereinbarungen zwischen Unternehmen, Beschlüsse von Unternehmensvereinigungen und aufeinander abgestimmte Verhaltensweisen, welche den Handel zwischen den Mitgliedsstaaten zu beeinträchtigen geeignet sind und eine Verhinderung, Einschränkung oder Verfälschung des Wettbewerbs innerhalb des Binnenmarkts bezwecken oder bewirken, insbesondere

(a)die unmittelbare oder mittelbare Festsetzung der An- oder Verkaufspreise oder sonstiger Geschäftsbedingungen;

(b)…

(…)

** Art. 106 AEUV Öffentliche Unternehmen; Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse

(…)

(2)Für Unternehmen, die mit Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse betraut sind oder den Charakter eines Finanzmonopols haben, gelten die Vorschriften der Verträge, insbesondere die Wettbewerbsregeln, soweit die Anwendung dieser Vorschriften nicht die Erfüllung der ihnen übertragenen besonderen Aufgabe rechtlich oder tatsächlich verhindert. Die Entwicklung des Handelsverkehrs darf nicht in einem Ausmaß beeinträchtigt werden, das dem Interesse der Union zuwiderläuft.

(…)

*** § 30 GWB Preisbindung bei Zeitungen und Zeitschriften

(…)

(2a)§ 1 gilt nicht für Branchenvereinbarungen zwischen Vereinigungen von Unternehmen, die nach Absatz 1 Preise für Zeitungen oder Zeitschriften binden (Presseverlage), einerseits und Vereinigungen von deren Abnehmern, die im Preis gebundene Zeitungen und Zeitschriften mit Remissionsrecht beziehen und mit Remissionsrecht an Letztveräußerer verkaufen (Presse-Grossisten), andererseits für die von diesen Vereinigungen jeweils vertretenen Unternehmen, soweit in diesen Branchenvereinbarungen der flächendeckende und diskriminierungsfreie Vertrieb von Zeitungs- und Zeitschriftensortimenten durch die Presse-Grossisten, insbesondere dessen Voraussetzungen und dessen Vergütungen sowie die dadurch abgegoltenen Leistungen geregelt sind. Insoweit sind die in Satz 1 genannten Vereinigungen und die von ihnen jeweils vertretenen Presseverlage und Presse-Grossisten zur Sicherstellung eines flächendeckenden und diskriminierungsfreien Vertriebs von Zeitungen und Zeitschriften im stationären Einzelhandel im Sinne von Artikel 106 Absatz 2 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union mit Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse betraut. …

Feststellung der Kartellrechtswidrigkeit von Großkunden-Verträgen der Deutschen Post: Preis-Kosten-Schere & Bezugszwang

Feststellung der Kartellrechtswidrigkeit von Großkunden-Verträgen der Deutschen Post

BKartA B 9 – 128/12 vom 2. Juli 2015

Das Bundeskartellamt hat in einem Missbrauchsverfahren gegen die Deutsche Post AG (DPAG) festgestellt, dass die DPAG in der Vergangenheit ihre marktbeherrschende Stellung im Bereich Briefdienstleistungen missbräuchlich ausgenutzt und dadurch Wettbewerber behindert hat. In der Entscheidung wurden zwei gesonderte Missbrauchstatbestände festgestellt: in vier Fällen eine sog. Preis-Kosten-Schere, in drei Fällen wurden die eingeräumten Konditionen zu-sätzlich davon abhängig gemacht, dass die Kunden einen hohen Prozentsatz ihres Bedarfes an Postdienstleistungen bei der DPAG decken.
Das Verfahren wurde Ende Oktober 2012 mit Auskunftsbeschlüssen an 45 große Briefversen-der in Deutschland eingeleitet. Anlass hierfür waren Beschwerden alternativer Briefdienstleister darüber, dass die DPAG einzelnen Großkunden Angebote für die Beförderung ihrer Briefe ge-macht haben soll, die unter den minimalen Teilleistungsentgelten liegen, also unter demjenigen Betrag, den ein alternativer Briefdienstleister mindestens an die DPAG zahlen müsste, wenn er die gleichen Sendungen vorsortiert in ein Briefzentrum in der DPAG einliefern würde. Dies ist in folgendem Kontext zu sehen:
Als marktbeherrschender Briefdienstleister ist die DPAG verpflichtet, Wettbewerbern einen so-genannten Teilleistungszugang zu ihrem Netz anzubieten. Wird dieser in Anspruch genommen, liefert der Wettbewerber Briefe, die er zuvor bei seinem Kunden eingesammelt und „teilleis-tungskonform aufbereitet“, d. h. frankiert, nummeriert und vorsortiert hat, in das Briefzentrum der DPAG ein. Briefe können im Rahmen des Teilleistungszugangs in das BZA (das „Briefzent-rum Abgang“ beim Absender) oder das BZE („Briefzentrum Eingang“ beim Empfänger) eingelie-fert werden. Im ersten Fall übernimmt die DPAG den Transport vom BZA zum BZE, in beiden Fällen befördert die DPAG die Briefe vom BZE zum Empfänger. Für ihre Leistung stellt die DPAG, vereinfacht gesprochen, das sogenannte Teilleistungsentgelt in Rechnung. Dieses wird
2
berechnet, in dem von dem Standardporto (also derzeit 62 Cent je Standardbrief) ein Teilleistungsrabatt
von bis zu 40 % abgezogen wird. Das Teilleistungsentgelt variiert von Absender zu
Absender, abhängig unter anderem vom Sendungsmix und von der Höhe des durchschnittlichen
Teilleistungsrabatts. Der Wettbewerber, der den Teilleistungszugang nutzt, kombiniert
diese Leistung mit den selbst erbrachten Dienstleistungen (Abholen beim Absender, Frankieren,
Vorsortieren, Einliefern in das Briefzentrum – diese werden als Vorleistungen bezeichnet)
zu dem Produkt der Ende-zu-Ende-Beförderung des Briefes.
In ökonomischer Sicht stellt die Teilleistung das Vorprodukt dar, da sie als Input für die Erbringung
der vollständigen Leistung benötigt wird. Diese Teilleistung wird von der DPAG auf der
vorgelagerten Marktstufe angeboten und von den Wettbewerbern nachgefragt. Auf der nachgelagerten
Marktstufe stehen sich die DPAG und ihre Wettbewerber gegenüber, die beide den
Endkunden, hier den Großkunden, die Dienstleistung als Ende-zu-Ende-Beförderung anbieten.
Eine Preis-Kosten-Schere (auch als Margenbeschneidung bezeichnet) liegt vor, wenn ein beherrschender
Anbieter eines Vorproduktes (hier: des Teilleistungszugangs) ebenfalls auf dem
nachgelagerten Markt (hier: der Ende-zu-Ende-Beförderung von Briefen) tätig ist und dort Preise
verlangt, die niedriger sind als die von ihm auf dem vorgelagerten Markt verlangten Preise
für das Vorprodukt. Dies ist der Fall, wenn die DPAG als marktbeherrschendes Unternehmen
für den Teilleistungszugang einen höheren Preis fordert als für die Ende-zu-Ende-Beförderung
von Briefen. Das gilt auch, wenn die Differenz nicht ausreicht, um die zusätzlichen Kosten für
die Ende-zu-Ende-Beförderung zu decken.
Die DPAG ist Normadressatin des Missbrauchsverbots, denn sie ist auf den hier relevanten
Märkten marktbeherrschend. Auf dem vorgelagerten Teilleistungsmarkt ist die DPAG das einzige
Unternehmen, welches Teilleistungen für eine bundesweit flächendeckende Zustellung anbietet.
Auch auf dem nachgelagerten Endkundenmarkt ist die DPAG mit einem von der Bundesnetzagentur
festgestellten Marktanteil von knapp 90% marktbeherrschend. Selbst wenn
man mit der DPAG nur das Geschäftskundensegment betrachtet, ist eine Marktbeherrschung
durch die DPAG anzunehmen. Bei der Post von Geschäftskunden hält die DPAG nach diesen
Angaben einen Marktanteil von 63,7 %, während auf Wettbewerber rund 15-20 % entfallen; die
restlichen rund 20-25 % entfallen auf Konsolidierer. Als Konsolidierer bezeichnet man Unternehmen,
welche Postsendungen bei den Geschäftskunden einsammeln und bei der DPAG einliefern,
die diese Sendungen wiederum ausliefert. Sonstige Kriterien wie die Finanzkraft oder
die Nachfragerstruktur bestätigen den Befund. Auch der Trend zur „E-Substitution“ (Ersetzen
von Briefsendungen durch elektronische Kommunikation) schwächt nicht die Marktbeherr3
schung der DPAG ab, sondern führt lediglich zu einem allmählichen Schrumpfen des Marktvo-lumens.
Das Bundeskartellamt hat daher die vereinbarten Endkundenpreise mit den individuellen Teil-leistungsentgelten verglichen. Danach lagen jedenfalls in vier Fällen die Preise, welche die DPAG auf dem nachgelagerten Markt für die Ende-zu-Ende-Beförderung der Briefe verlangt hatte, niedriger als die Teilleistungsentgelte, die ein Wettbewerber auf dem vorgelagerten Markt an die DPAG hätte entrichten müssen, wenn er den Teilleistungszugang in Anspruch nehmen wollte. Die unter den Teilleistungsentgelten liegenden Zielpreise wurden zwischen der DPAG und den vier Großkunden in gesonderten Verträgen vereinbart. Dabei wurden verschiedene Instrumente eingesetzt, um die Differenz zwischen den Teilleistungsentgelten und dem Zielpreis zu überbrücken: Werbeentgelte, die die DPAG an den Kunden dafür bezahlt hat, dass der Kun-de das Deutsche-Post-Logo, ggfs. mit einem Zusatz „versendet durch die Deutsche Post“ auf-druckt, Entgelte für die Lieferung von Qualitätsdaten und ein Großkundenrabatt. Aus der Ver-knüpfung mit den Zielpreisen zeigt sich, dass diese Instrumente ausschließlich dem Zweck dienten, den von den Großkunden zu zahlenden Preis zu senken. Aufgrund der negativen Diffe-renz zwischen Zielpreis und Teilleistungsentgelt lag eine Preis-Kosten-Schere vor. Die DPAG hat damit ihre marktbeherrschende Stellung missbraucht.
Zudem wurde in den Vereinbarungen festgelegt, dass diese günstigen Preise unter der Voraus-setzung eingeräumt werden, dass der Kunde einen bestimmten hohen Prozentsatz (jeweils über 90 %) seines Bedarfs an Briefdienstleistungen bei der DPAG deckte. Damit hatten andere Briefdienstleister keine Chance mehr, etwa Zweitanbieter bei diesen Großkunden zu werden. Hierin lag ein gesonderter Missbrauch der marktbeherrschenden Stellung auf dem Endkun-denmarkt.
Die Zielpreisvereinbarungen wurden seit der Einleitung des Verfahrens nicht mehr verlängert und sind ausgelaufen. Aus Sicht des Bundeskartellamtes ist es daher im vorliegenden Fall aus-reichend, eine feststellende Entscheidung zu erlassen. Ein Feststellungsinteresse liegt vor. Zum einen besteht Wiederholungsgefahr, da die Beteiligte die Auffassung vertritt, zu dem gerügten Verhalten berechtigt zu sein. Zum anderen kann nicht ausgeschlossen werden, dass die Beige-ladene oder ein anderes Unternehmen Schadensersatzansprüche geltend macht. Dies würde erleichtert, wenn eine behördliche Entscheidung Feststellungswirkung entfaltet.
Eine Untersagungsentscheidung erscheint dagegen nicht notwendig. Das Bundeskartellamt behält sich jedoch vor, weiter praktizierte Verhaltensweisen gesondert zu prüfen.
4
Die Deutsche Post AG hat gegen den Beschluss Beschwerde eingelegt, über die das Oberlan-desgericht Düsseldorf zu entscheiden hat.

Vertrieb eines Garagentorantriebs verstößt gegen § 3 I ProdSG, wenn die Gebrauchsanleitung eine Einstellmöglichkeit vorsieht, bei deren Verwendung die Sicherheit und Gesundheit von Personen gefährdet wird

Der Vertrieb eines Garagentorantriebs verstößt gegen § 3 I ProdSG, wenn die Gebrauchsanleitung eine Einstellmöglichkeit vorsieht, bei deren Verwendung die Sicherheit und Gesundheit von Personen gefährdet wird, und wenn auf diese Gefährdung in der Gebrauchsanleitung nicht deutlich hingewiesen wird.

OLG Frankfurt 6. Zivilsenat Urteil vom 21.05.2015 zu 6 U 64/14 – Wettbewerbsverstoß durch Vertrieb sicherheitsgefährdender Garagentorantriebe

§ 4 Nr 11 UWG, § 3 Abs 1 ProdSG (mehr …)

Erschöpfung an Kopien einer Software tritt unabhängig davon ein, ob der Rechtsinhaber der Veräußerung einer bestimmten Anzahl körperlicher Datenträger zustimmt oder ob er dem Anfertigen einer entsprechenden Anzahl von Kopien durch Herunterladen einer Kopie des Computerprogramms und dem Anfertigen weiterer Kopien von dieser Kopie zustimmt

a) Die Erschöpfung des Verbreitungsrechts an den Kopien eines Computerprogramms tritt unabhängig davon ein, ob der Rechtsinhaber der Veräußerung einer bestimmten Anzahl körperlicher Datenträger zustimmt oder ob er dem Anfertigen einer entsprechenden Anzahl von Kopien durch Herunterladen einer Kopie des Computerprogramms und dem Anfertigen weiterer Kopien von dieser Kopie zustimmt (Fortführung von BGH, Urteil vom 17. Juli 2013 – I ZR 129/08, GRUR 2014, 264 = WRP 2014, 308 – UsedSoft II).
b) Ist ein körperliches oder ein unkörperliches Vervielfältigungsstück eines Computerprogramms mit Zustimmung des Rechtsinhabers im Wege der Veräußerung in Verkehr gebracht worden, ist die Weiterverbreitung aufgrund der eingetretenen Erschöpfung des urheberrechtlichen Verbreitungsrechts ungeachtet einer inhaltlichen Beschränkung des eingeräumten Nutzungsrechts frei (Fortführung von BGH, Urteil vom 6. Juli 2000 I ZR 244/97, BGHZ 145, 7 – OEM-Version).

BGH URTEIL I ZR 8 / 1 3 vom 11. Dezember 2014 – UsedSoft III
UrhG § 69 Nr. 3 Satz 2, § 69d Abs. 1 (mehr …)

Klage eines Fernsehproduzenten gegen medienrechtliches Programmänderungsverlangen zulässig

Ein Pro­du­zent und Zu­lie­fe­rer von Fern­seh­pro­gramm­bei­trä­gen ist zur Klage gegen eine me­di­en­recht­li­che Ver­fü­gung be­fugt, durch wel­che die zu­stän­di­ge Lan­des­me­di­en­an­stalt von einem Rund­funk­ver­an­stal­ter wegen des In­halts der von dem kla­gen­den Pro­du­zen­ten ge­lie­fer­ten Sen­de­for­ma­te eine Än­de­rung des Pro­gramms ver­langt. Dies hat das Bun­des­ver­wal­tungs­ge­richt in Leip­zig heute ent­schie­den.

Die in Lon­don an­säs­si­ge Klä­ge­rin ist die Toch­ter­ge­sell­schaft der US-ame­ri­ka­ni­schen Grün­de­rin und Be­trei­be­rin der in­ter­na­tio­nal ver­brei­te­ten Kampf­sport­li­ga „Ul­ti­ma­te Fight­ing Cham­pi­ons­hip“ (UFC). Sie ist au­ßer­halb der USA zu­stän­dig für die Ver­an­stal­tung und me­dia­le Auf­be­rei­tung von UFC-Wett­kämp­fen, den Ab­schluss von Fern­seh­ver­trä­gen und die Pro­duk­ti­on und Ver­mark­tung wei­te­rer UFC-Fern­seh­for­ma­te. Die Bei­ge­la­de­ne ist ein Me­di­en­un­ter­neh­men, das auf­grund einer Ge­neh­mi­gung der be­klag­ten Baye­ri­schen Lan­des­zen­tra­le für neue Me­di­en (Lan­des­me­di­en­an­stalt) ein Fern­sehspar­ten­an­ge­bot bun­des­weit ver­brei­tet. Die von der Klä­ge­rin pro­du­zier­ten UFC-For­ma­te wur­den seit 2009 auf­grund eines ent­spre­chen­den Li­zenz­ver­tra­ges im Pro­gramm des bei­ge­la­de­nen Rund­funk­ver­an­stal­ters aus­ge­strahlt. Die Be­klag­te for­der­te den Pro­gramm­ver­an­stal­ter durch den an­ge­foch­te­nen Be­scheid auf, die For­ma­te „The Ul­ti­ma­te Figh­ter“, „UFC Un­leas­hed“ und „UFC Fight Night“ durch ge­neh­mi­gungs­fä­hi­ge an­de­re In­hal­te zu er­set­zen: Die zu er­set­zen­den For­ma­te wie­sen ein hohes Ge­walt­po­ten­zi­al auf, das ex­pli­zit und de­tail­liert in Szene ge­setzt werde. Eine ver­ro­hen­de oder zu Ge­walt­tä­tig­kei­ten an­rei­zen­de Wir­kung auf den Zu­schau­er, ins­be­son­de­re auf ge­fähr­dungs­ge­neig­te männ­li­che Ju­gend­li­che, sei nicht aus­zu­schlie­ßen. Auf­grund der Mas­si­vi­tät des Ge­walt­ein­sat­zes und der Ta­bu­brü­che wi­der­sprä­chen die For­ma­te dem Leit­bild des öf­fent­lich ver­ant­wor­te­ten und in öf­fent­lich-recht­li­cher Trä­ger­schaft be­trie­be­nen Rund­funks. Der bei­ge­la­de­ne Pro­gramm­ver­an­stal­ter hat den Be­scheid nicht an­ge­foch­ten. Auf die Klage der Klä­ge­rin hat das Ver­wal­tungs­ge­richt Mün­chen durch ein Zwi­schen­ur­teil die Zu­läs­sig­keit der Klage be­jaht. Die Be­ru­fung gegen das Zwi­schen­ur­teil hat der Ver­wal­tungs­ge­richts­hof Mün­chen zu­rück­ge­wie­sen. (mehr …)

Persönlichkeitsrecht von Unternehmen wird bei spekulativer Meinungsäusserung verletzt

Das Persönlichkeitsrecht einer juristischen Person stellt genauso wie das Allgemeine Persönlichkeitsrecht einen offenen Tatbestand dar, dessen Inhalt und Grenzen sich erst aus einer Interessen- und Güterabwägung mit der im Einzelfall konkret kollidierenden Interessensphäre anderer ergeben.

Landgericht Köln Urteil 28 O 419/14 vom 25.02.2015 (mehr …)

Die Bezeichnung „Combiotik®“ zusammen mit den Bezeichnungen „Praebiotik®“ und „Probiotik®“ für Babynahrung ist nach LMIV unzulässig

a) Wird die Bezeichnung „Combiotik®“ zusammen mit den Bezeichnungen „Praebiotik®“ und „Probiotik®“ für Babynahrung verwendet und versteht der Verkehr dies dahin, dass in dem so bezeichneten Produkt präbiotische und probiotische Inhaltsstoffe kombiniert verwendet werden, handelt es sich bei „Combiotik®“ in dieser konkreten Verwendungsform um eine gesundheitsbe-zogene Angabe im Sinne von Art. 2 Abs. 2 Nr. 5 der Verordnung (EG) Nr. 1924/2006 (Fortführung von BGH, Urteil vom 26. Februar 2014 I ZR 178/12, GRUR 2014, 500 – Praebiotik).
b) Die Annahme einer üblichen Bezeichnung einer Zutat im Sinne von § 6 Abs. 3 in Verbindung mit § 4 Abs. 1 Nr. 1 LMKV setzt voraus, dass die Zutat nach allgemeiner Verkehrsauffassung mit dieser Bezeichnung eindeutig und unmissverständlich identifiziert werden kann. Die allgemeine Verkehrsauffassung richtet sich nach der Anschauung aller am Verkehr mit Lebensmitteln beteiligten Verkehrskreise, zu denen die Lebensmittel- und Ernährungswirt-schaft, der Handel und die Verbraucher zählen. Für die Verkehrsüblichkeit einer Bezeichnung sprechen vor allem regelmäßiger und weit verbreiteter Gebrauch, über den unter anderem Koch- und Fachwörterbücher, Lexika und die Leitsätze der Deutschen Lebensmittelbuchkommission Aufschluss geben können.
c) Für die Annahme einer beschreibenden Verkehrsbezeichnung im Sinne von § 6 Abs. 3 in Verbindung mit § 4 Abs. 1 Nr. 2 LMKV ist erforderlich, dass die charakteristische Besonderheit der Zutat zum Ausdruck kommt, aufgrund de-rer sie von ähnlichen und deshalb verwechselbaren Erzeugnissen eindeutig unterschieden werden kann. Die Angabe eines bloßen Oberbegriffs für eine bestimmte Gattung, der die konkrete Zutat nicht identifiziert oder individuali-siert, genügt nicht.

BGH URTEIL I ZR 162/13 vom 9. Oktober 2014 Combiotik

UWG § 4 Nr. 11; Verordnung (EG) Nr. 1924/2006 Art. 2 Abs. 2 Nr. 1 und 5, Art. 7 Abs. 2, Art. 10 Abs. 1; LMKV § 3 Abs. 1 Nr. 3, § 4 Abs. 1, § 6 Abs. 3>/h3>

a) Wird die Bezeichnung „Combiotik®“ zusammen mit den Bezeichnungen „Praebiotik®“ und „Probiotik®“ für Babynahrung verwendet und versteht der Verkehr dies dahin, dass in dem so bezeichneten Produkt präbiotische und probiotische Inhaltsstoffe kombiniert verwendet werden, handelt es sich bei „Combiotik®“ in dieser konkreten Verwendungsform um eine gesundheitsbe-zogene Angabe im Sinne von Art. 2 Abs. 2 Nr. 5 der Verordnung (EG) Nr. 1924/2006 (Fortführung von BGH, Urteil vom 26. Februar 2014 I ZR 178/12, GRUR 2014, 500 – Praebiotik).
b) Die Annahme einer üblichen Bezeichnung einer Zutat im Sinne von § 6 Abs. 3 in Verbindung mit § 4 Abs. 1 Nr. 1 LMKV setzt voraus, dass die Zutat nach allgemeiner Verkehrsauffassung mit dieser Bezeichnung eindeutig und unmissverständlich identifiziert werden kann. Die allgemeine Verkehrsauffassung richtet sich nach der Anschauung aller am Verkehr mit Lebensmitteln beteiligten Verkehrskreise, zu denen die Lebensmittel- und Ernährungswirt-schaft, der Handel und die Verbraucher zählen. Für die Verkehrsüblichkeit einer Bezeichnung sprechen vor allem regelmäßiger und weit verbreiteter Gebrauch, über den unter anderem Koch- und Fachwörterbücher, Lexika und die Leitsätze der Deutschen Lebensmittelbuchkommission Aufschluss geben können.
c) Für die Annahme einer beschreibenden Verkehrsbezeichnung im Sinne von § 6 Abs. 3 in Verbindung mit § 4 Abs. 1 Nr. 2 LMKV ist erforderlich, dass die charakteristische Besonderheit der Zutat zum Ausdruck kommt, aufgrund de-rer sie von ähnlichen und deshalb verwechselbaren Erzeugnissen eindeutig unterschieden werden kann. Die Angabe eines bloßen Oberbegriffs für eine bestimmte Gattung, der die konkrete Zutat nicht identifiziert oder individuali-siert, genügt nicht.
BGH, Urteil vom 9. Oktober 2014 – I ZR 162/13 – OLG Frankfurt am Main
LG Frankfurt am Main (mehr …)

Erhebung von Rundfunkbeiträgen im privaten Bereich verfassungsgemäss

Mit Urteilen vom heutigen Tag hat der 2. Senat des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen die Berufungen von drei Klägern zurückgewiesen, die sich gegen die Erhebung von Rundfunkbeiträgen im privaten Bereich durch den WDR gewandt hatten. Die klageabweisenden Urteile der Verwaltungsgerichte Arnsberg und Köln wurden damit bestätigt. Die Kläger hatten insbesondere geltend gemacht, dass der Rundfunkbeitragsstaatsvertrag (RBStV), der seit dem 1. Januar 2013 die Rechtsgrundlage für die Erhebung von Rundfunkbeiträgen darstellt, verfassungswidrig sei.

In der mündlichen Urteilsbegründung hat die Vorsitzende des 2. Senats im Wesentlichen ausgeführt, der Rundfunkbeitragsstaatsvertrag begegne keinen durchgreifenden europarechtlichen oder verfassungsrechtlichen Bedenken. Insbesondere sei er in allen seinen Regelungsteilen formell und materiell verfassungsgemäß. Die Gesetzgebungskompetenz für die Erhebung des Rundfunkbeitrags liege bei den Ländern. Der durch den Rundfunkbeitragsstaatsvertrag sowohl für den privaten Bereich als auch für den nicht privaten Bereich ausgestaltete Rundfunkbeitrag sei keine (verdeckte) Steuer, die der Gesetzgebungskompetenz des Bundes unterfiele. Auch wenn die Anknüpfung der Beitragserhebung an die Wohnung (im privaten Bereich) bzw. an die Betriebsstätte (im nicht privaten Bereich) allgemein gefasst sei, handele es sich noch um einen echten Beitrag. Der Rundfunkbeitrag bleibe eine Gegenleistung für die individuelle Empfangsmöglichkeit öffentlich-rechtlichen Rundfunks mit einer speziellen, zweckgebundenen Finanzierungsfunktion nach einem bestimmten Verteilungsschlüssel. Mit Blick auf seinen weiten Gestaltungsspielraum bei der Ausgestaltung der Rundfunkordnung, der seinerseits verfassungsrechtlich garantiert sei, habe der Gesetzgeber typisierend annehmen dürfen, dass von der Rundfunkempfangsmöglichkeit üblicherweise in den gesetzlich bestimmten Raumeinheiten Wohnung und Betriebsstätte Gebrauch gemacht wird. Besondere Härtefälle könnten über die ausnahmsweise Befreiungsmöglichkeit des § 4 Abs. 6 Satz 1 RBStV gelöst werden. In materieller Hinsicht verstoße der Rundfunkbeitragsstaatsvertrag namentlich nicht gegen den allgemeinen Gleichheitssatz. Auch insoweit bewege sich der Gesetzgeber noch im Bereich einer zulässigen Typisierung als sachlichem Grund für die Anbindung der Beitragspflicht an die Wohnung bzw. die Betriebsstätte. Dies gelte gerade unter Berücksichtigung sowohl der gesetzlich vorgesehenen Befreiungsmöglichkeiten und Ausnahmen als auch der degressiven Staffelung der Beitragspflicht für Betriebsstätten nach der Anzahl der Beschäftigten. Zuletzt seien auch die im Rundfunkbeitragsstaatsvertrag vorgesehenen Nachweis- und Anzeigepflichten ebenso wie der einmalige Meldedatenabgleich mit dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht vereinbar. Aus den vorstehenden Gründen sei eine Vorlage der Sachen an das Bundesverfassungsgericht nach Art. 100 Abs. 1 GG nicht in Betracht gekommen.

Der Senat hat die Revision an das Bundesverwaltungsgericht zugelassen.

Aktenzeichen: 2 A 2311/14, 2 A 2422/14 und 2 A 2423/14

(I. Instanz: VG Arnsberg 8 K 3279/13 und 8 K 3353/13 und VG Köln 6 K 7543/13)

Meinungsäußerungsfreiheit deckt auch scharfe und überzogene, abwertende Meinungsäusserung; erst Schmähkritik ist untersagt

a) § 824 Abs. 1 BGB bietet keinen Schutz vor abwertenden Meinungsäußerungen. Dies gilt auch für Äußerungen, in denen Tatsachen und Meinungen sich vermengen, sofern sie durch die Elemente der Stellungnahme, des Dafürhaltens oder Meinens geprägt sind.
b) Das Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb schützt auch das Interesse des Unternehmers daran, dass seine wirtschaftliche Stellung nicht durch inhaltlich unrichtige Informationen oder Wertungen, die auf sachfremden Erwägungen beruhen oder herabsetzend formuliert sind, ge-schwächt wird und andere Marktteilnehmer deshalb von Geschäften mit ihm abgehalten werden.
c) Eine wertende Kritik an der gewerblichen Leistung eines Wirtschaftsunternehmens ist in der Regel auch dann vom Grundrecht der Meinungsäußerungsfreiheit nach Art. 5 Abs. 1 GG gedeckt, wenn sie scharf und überzogen formuliert ist; sie kann nur unter engen Voraussetzungen als Schmäh-kritik angesehen werden.

BGH URTEIL VI ZR 39/14 vom 16. Dezember 2014

BGB § 823 Ah; § 824; GG Art. 2 Abs. 1, Art. 12; MRK Art. 8 Abs. 1, Art. 10 Abs. 1 (mehr …)