BGH URTEIL I ZR 99/08 vom 29. April 2010 – Preiswerbung ohne Umsatzsteuer

BGH URTEIL I ZR 99/08 vom 29. April 2010 – Preiswerbung ohne Umsatzsteuer

a) Wer in einer an die Allgemeinheit gerichteten Werbung Preise für die von ihm beworbenen Gebrauchtfahrzeuge nennt, muss den Endpreis i.S. von § 1 Abs. 1 Satz 1 PAngV angeben. Er kann sich nicht darauf berufen, dass er mit privaten Letztverbrauchern keine Verträge schließt und deshalb die Vor-schriften der Preisangabenverordnung nicht zur Anwendung kommen.

b) Die Relevanz einer irreführenden Werbung über den Endpreis braucht sich nicht in einem Umsatzgeschäft mit dem getäuschten Verbraucher niederzu-schlagen. Sie kann sich auch daraus ergeben, dass die Werbung geeignet ist, Interessen der Mitbewerber zu beeinträchtigen, indem sie deren Preise in ein ungünstiges Licht rückt.

Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhand-lung vom 29. April 2010 durch den Vorsitzenden Richter Prof. …

für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil des 4. Zivilsenats des Oberlandes-gerichts Karlsruhe vom 21. Mai 2008 wird auf Kosten des Beklag-ten zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:
Die Klägerin nimmt den Beklagten, der ebenso wie sie mit gebrauchten Kraftfahrzeugen handelt, wegen einer Werbung für Gebrauchtfahrzeuge in An-spruch, bei der die Preise ohne Umsatzsteuer angegeben waren.
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Beide Parteien vertreiben die von ihnen angebotenen Gebrauchtfahrzeu-ge unter anderem über die Internetplattform „mobile.de“. Der Beklagte bot dort am 10. August 2006 zehn gebrauchte Fahrzeuge zu Preisen zwischen 10.550 € und 26.650 € an. Die dem jeweiligen Angebot vorangestellte Preisangabe ent-hielt nicht die Umsatzsteuer und war vom übrigen Fließtext abgesetzt. Im Fließ-text der Anzeigen befanden sich unter der Überschrift „Beschreibung“ die An-gaben „Preis Export-FCA“ oder „Preis-Händler-Export-FCA“.
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Die Klägerin sieht in den Preisangaben ohne Umsatzsteuer einen Ver-stoß gegen die Preisangabenverordnung und eine Irreführung der Werbeadres-saten. Sie hat den Beklagten daher auf Unterlassung in Anspruch genommen.
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Der Beklagte hat demgegenüber vorgebracht, er verkaufe Gebraucht-fahrzeuge ausschließlich an Händler oder biete diese nur für den Export an. Die Vorschriften der Preisangabenverordnung seien daher auf seine Angebote nicht anwendbar. Privatkunden würden auch nicht getäuscht. Aus den Zusätzen „Preis Export-FCA“ oder „Preis-Händler-Export-FCA“ ergebe sich für jeden Le-ser der Anzeigen, dass kein Verkauf an Privatkunden erfolge.
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. In der mündlichen Verhand-lung vor dem Berufungsgericht hat die Klägerin beantragt,
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den Beklagten zu verurteilen, es zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr für den Verkauf von Kraftfahrzeugen unter Angabe von Endpreisen zu werben, welche die Mehrwertsteuer nicht enthalten, wie dies in den Anzeigen des Be-klagten geschehen ist, die sich am 10. August 2006 auf der Internetseite www.mobile.de befanden.
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Das Berufungsgericht hat den Beklagten antragsgemäß verurteilt (OLG Karlsruhe GRUR-RR 2009, 147). Mit seiner vom Berufungsgericht zugelasse-nen Revision, deren Zurückweisung die Klägerin beantragt, erstrebt der Beklag-te die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils.
Entscheidungsgründe:
I. Das Berufungsgericht hat angenommen, der Beklagte verstoße mit der Angabe von Preisen, die die Umsatzsteuer nicht enthielten, sowohl gegen §§ 3, 4 Nr. 11 UWG i.V. mit § 1 Abs. 1 Satz 1 PAngV als auch gegen das Irrefüh-
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rungsverbot gemäß § 5 Abs. 1 und 2 Nr. 2 UWG 2004. Zur Begründung hat es ausgeführt:
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Die Anzeigen des Beklagten enthielten Angebote i.S. von § 1 Abs. 1 Satz 1 PAngV, die sich nicht nur an Händler, sondern auch an Letztverbraucher richteten. Wie ein Angebot zu verstehen sei, bestimme sich nach der Auffas-sung der Verkehrskreise, an die die Werbung gerichtet sei. Maßgeblich sei das Verständnis derjenigen Personen, die üblicherweise auf die Angebote von Ge-brauchtfahrzeugen bei „mobile.de“ zugreifen würden. Auf die Frage, ob der Be-klagte die angebotenen Fahrzeuge tatsächlich auch an Privatkunden veräußern wolle, komme es daher nicht an. Die in Rede stehenden Angebote des Beklag-ten seien für einen durchschnittlichen Leser so zu verstehen, dass sie sich auch an Privatkunden richteten. Die Internetseite www.mobile.de sei für Privatkunden und Händler in gleicher Weise zugänglich. Es werde nicht zwischen Angeboten nur für Privatkunden und anderen Angeboten unterschieden, die sich an Händ-ler richteten. Die Angebote des Beklagten enthielten keine ausreichenden Hin-weise, dass sie ausschließlich für Händler gedacht seien. Die Angaben „Preis Export-FCA“ oder „Preis-Händler-Export-FCA“ im Fließtext seien für einen durchschnittlichen Privatkunden, der sich für die Angebote des Beklagten inte-ressiere, nicht verständlich.
Die Internetangebote des Beklagten verstießen zugleich gegen die Be-stimmung des § 5 Abs. 1 und 2 Nr. 2 UWG 2004, die neben den Vorschriften der Preisangabenverordnung anwendbar sei. Die Angabe eines Endpreises ohne Umsatzsteuer sei jedenfalls für Privatkunden irreführend.
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Die Internetangebote des Beklagten stellten unlautere Wettbewerbs-handlungen i.S. von § 3 UWG 2004 dar, da sie – zumindest auch – zum Ziel hät-ten, den Absatz von Gebrauchtfahrzeugen an Privatkunden zu ermöglichen
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oder zu erleichtern. Für den Begriff der Wettbewerbshandlung komme es bei einer Werbung gegenüber Privatkunden nicht darauf an, ob tatsächlich ein Ver-kauf an diese erfolge. Die in Rede stehenden Angebote seien auch geeignet, den Wettbewerb zum Nachteil von Mitbewerbern zu beeinträchtigen. Es komme nicht darauf an, ob sich der Werbende subjektiv vorbehalte, den Erfolg einer Irreführung nicht auszunutzen. Die beanstandete Werbung des Beklagten eigne sich auch zu einer erheblichen Beeinträchtigung der Mitbewerber.
Zwischen den Parteien bestehe ein konkretes Wettbewerbsverhältnis i.S. von § 2 Abs. 1 Nr. 3 UWG 2004, da sie beide mit Gebrauchtfahrzeugen handel-ten und diese insbesondere über die in ganz Deutschland abrufbare Internet-plattform www.mobile.de vertrieben. Auf den Geschäftssitz der Parteien komme es daher nicht an.
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II. Die gegen diese Beurteilung gerichteten Angriffe der Revision haben keinen Erfolg.
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1. Gegenstand des Streits ist nur noch der in der mündlichen Berufungs-verhandlung gestellte Unterlassungsantrag, der die konkret beanstandete Wer-bung zum Gegenstand hat und auf die vorgelegten Internetangebote vom 10. August 2006 Bezug nimmt.
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2. Entgegen der Ansicht der Revision ist der Unterlassungsantrag hinrei-chend bestimmt i.S. von § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO. Die Bestimmtheit eines Unter-lassungsantrags ist in der Regel gegeben, wenn der Kläger lediglich ein Verbot der konkret beanstandeten Handlung begehrt (BGH, Urt. v. 26.10.2000 – I ZR 180/98, GRUR 2001, 453, 454 = WRP 2001, 400 – TCM-Zentrum; Urt. v. 16.7.2009 – I ZR 56/07, GRUR 2009, 1075 Tz. 10 = WRP 2009, 1377 – Betriebsbeobachtung). Der Antrag ist mit der Formulierung „wie dies in den
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Anzeigen des Beklagten geschehen ist, die sich am 10. August 2006 auf der Internetseite www.mobile.de befanden“ auf die konkrete Verletzungsform be-schränkt.
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3. Das Berufungsgericht hat mit Recht angenommen, dass der Klägerin der geltend gemachte Unterlassungsanspruch gemäß § 8 Abs. 1 Satz 1, §§ 3, 4 Nr. 11 UWG i.V. mit § 1 Abs. 1 Satz 1 PAngV zusteht.
a) Die Klägerin hat ihr Unterlassungsbegehren auf Wiederholungsgefahr nach § 8 Abs. 1 Satz 1 UWG gestützt und dazu Zuwiderhandlungen des Be-klagten aus dem Jahre 2006, also nach dem Inkrafttreten des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb vom 3. Juli 2004, vorgetragen. Das UWG 2004 ist nach der Verkündung des Berufungsurteils durch das Erste Gesetz zur Ände-rung des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb vom 22. Dezember 2008 (BGBl. I S. 2949) geändert worden. Da der Unterlassungsanspruch auf die Ab-wehr künftiger Gefahren gerichtet ist, ist eine Klage nur dann begründet, wenn auf der Grundlage des nunmehr geltenden Rechts Unterlassung verlangt wer-den kann. Zudem muss die Handlung zum Zeitpunkt ihrer Begehung wettbe-werbswidrig gewesen sein, weil es andernfalls an der Wiederholungsgefahr fehlt (st. Rspr.; vgl. BGH, Urt. v. 29.7.2009 – I ZR 77/07, WRP 2010, 518 Tz. 8 – EKW-Steuerberater; Urt. v. 14.1.2010 – I ZR 138/07, GRUR 2010, 259 Tz. 13 = WRP 2010, 374 – Zimtkapseln).
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Die für die Entscheidung des Streitfalls maßgebliche Bestimmung des § 1 Abs. 1 Satz 1 PAngV ist eine Marktverhaltensregelung i.S. von § 4 Nr. 11 UWG (BGH, Urt. v. 22.4.2009 – I ZR 14/07, GRUR 2009, 1180 Tz. 24 = WRP 2009, 1510 – 0,00 Grundgebühr). Im Hinblick darauf, dass die Richtlinie 2005/29/EG über unlautere Geschäftspraktiken von Unternehmern gegenüber Verbrauchern, insbesondere die gegenüber Verbrauchern bestehenden Infor-
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mationspflichten, abschließend regelt, kann ein Verstoß gegen Bestimmungen der Preisangabenverordnung eine Unlauterkeit nach § 4 Nr. 11 UWG allerdings nur dann begründen, wenn die von der Preisangabenverordnung aufgestellten Informationspflichten eine Grundlage im Gemeinschaftsrecht haben (vgl. Erwä-gungsgrund 15 der Richtlinie 2005/29/EG; Köhler in Köhler/Bornkamm, UWG, 28. Aufl., Vorb. PAngV Rdn. 6a).
Soweit die Vorschrift des § 1 Abs. 1 Satz 1 PAngV die Unternehmer zur Angabe der Endpreise einschließlich der Umsatzsteuer verpflichtet, hat sie ihre Grundlage in Art. 1 und 2 lit. a, Art. 3 Abs. 1 sowie Art. 4 Abs. 1 der Richtlinie 98/6/EG über den Schutz der Verbraucher bei der Angabe der Preise der ihnen angebotenen Erzeugnisse. Nach diesen Bestimmungen ist bei Erzeugnissen, die Händler Verbrauchern anbieten, der Endpreis für eine Produkteinheit un-missverständlich, klar erkennbar und gut lesbar als Verkaufspreis anzugeben, der die Umsatzsteuer einschließt (vgl. BGH GRUR 2009, 1180 Tz. 25 – 0,00 Grundgebühr).
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b) Die Klägerin ist als Mitbewerberin des Beklagten gemäß § 8 Abs. 3 Nr. 1 UWG aktivlegitimiert. Zwischen den Parteien besteht ein konkretes Wett-bewerbsverhältnis i.S. des § 2 Nr. 3 UWG 2004, weil beide Parteien gleichartige Waren oder Dienstleistungen innerhalb desselben Endverbraucherkreises ab-zusetzen versuchen mit der Folge, dass das konkret beanstandete Wettbe-werbsverhalten des einen Wettbewerbers den anderen beeinträchtigen, das heißt im Absatz behindern oder stören kann (vgl. BGH, Urt. v. 20.5.2009 – I ZR 218/07, GRUR 2009, 980 Tz. 9 = WRP 2009, 1246 – E-Mail-Werbung II, m.w.N.). Beide Parteien bieten auf der Internetplattform www.mobile.de ge-brauchte Kraftfahrzeuge zum Verkauf an. Entgegen der Ansicht der Revision kommt es für das Wettbewerbsverhältnis nicht darauf an, dass der Beklagte nach seinem Vortrag nur an Händler verkauft. Ein konkretes Wettbewerbsver-
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hältnis setzt nicht voraus, dass die Parteien auf der gleichen Vertriebsstufe tätig sind (vgl. Begründung zum Regierungsentwurf eines Gesetzes gegen den un-lauteren Wettbewerb, BT-Drucks. 15/1487, S. 16; BGH, Urt. v. 26.11.1992 – I ZR 108/91, GRUR 1993, 563, 564 = WRP 1993, 390 – Neu nach Umbau; Urt. v. 15.7.1999 – I ZR 44/97, GRUR 1999, 1122, 1123 = WRP 1999, 1151 – EG-Neuwagen I). Unterschiedliche Wirtschaftsstufen sprechen nur dann gegen die Klageberechtigung, wenn eine wechselseitige Behinderung im Absatz und eine Beeinträchtigung der geschäftlichen Interessen von vornherein ausgeschlossen ist (BGH, Urt. v. 14.4.1965 – Ib ZR 72/63, GRUR 1965, 612, 615 = WRP 1965, 253 – Warnschild, insoweit nicht in BGHZ 43, 359). Da die Parteien im Streitfall ihre Waren auf derselben Internetplattform anbieten, sind Beeinträchtigungen der geschäftlichen Interessen der Klägerin durch die vermeintlich günstigeren Angebote des Beklagten nicht von vornherein auszuschließen, auch wenn der Beklagte – wie er behauptet – nicht an Endverbraucher verkauft.
Der Umstand, dass der Geschäftssitz der Klägerin von dem des Beklag-ten mehrere hundert Kilometer entfernt liegt, steht dieser Beurteilung nicht ent-gegen. Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts nehmen Kunden bei Gebrauchtwagen, die mehr als 10.000 € kosten, größere Entfernungen zum Händler in Kauf. Diese Einschätzung widerspricht nicht der Lebenserfahrung und wird auch von der Revision nicht angegriffen.
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c) Die Angebote des Beklagten stellen sowohl eine Wettbewerbshand-lung i.S. des § 2 Abs. 2 Nr. 1 UWG 2004 als auch eine geschäftliche Handlung nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 UWG 2008 dar. Entgegen der Ansicht der Revision kommt es nicht darauf an, aus welchen Abnehmerkreisen die Kunden stam-men, denen der Beklagte die von ihm angebotenen gebrauchten Kraftfahrzeuge veräußern will. Maßgeblich ist vielmehr, dass er die beanstandeten Anzeigen mit dem Ziel geschaltet hat, zugunsten seines Unternehmens den Warenabsatz
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zu fördern, und dass die Anzeigen mit der Förderung des Absatzes objektiv zu-sammenhängen (vgl. BGH, Urt. v. 15.1.2009 – I ZR 141/06, GRUR 2009, 881 Tz. 10 f. = WRP 2009, 1089 – Überregionaler Krankentransport). Dies ist bei Verkaufsanzeigen regelmäßig der Fall.
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d) Das Berufungsgericht hat mit Recht angenommen, dass die bean-standeten Anzeigen des Beklagten auf der Internetplattform www.mobile.de gegen § 1 Abs. 1 Satz 1 PAngV verstoßen. Danach hat derjenige, der Letzt-verbrauchern gegenüber Waren oder Dienstleistungen gewerbsmäßig anbietet oder unter Angabe von Preisen bewirbt, die dafür zu zahlenden Endpreise ein-schließlich der Umsatzsteuer anzugeben.
aa) Die Anzeigen des Beklagten, die bei den Preisangaben unstreitig nicht die Umsatzsteuer enthielten, richteten sich an private Letztverbraucher. Darunter sind Personen zu verstehen, die die Ware oder Leistung nicht weiter umsetzen, sondern für sich verwenden (Köhler in Köhler/Bornkamm aaO Vorb. PAngV Rdn. 11; Ohly in Piper/Ohly/Sosnitza, UWG, 5. Aufl., Einf. PAngV Rdn. 17). Gemäß § 9 Abs. 1 Nr. 1 PAngV sind die Vorschriften der Verordnung allerdings nicht auf Angebote oder Werbung gegenüber Letztverbrauchern an-zuwenden, die die Ware oder Leistung in ihrer selbständigen beruflichen oder gewerblichen Tätigkeit verwenden. Zu dem von der Preisangabenverordnung erfassten Personenkreis gehören demnach Interessenten, die ein Gebraucht-fahrzeug allein oder zumindest auch für die private Nutzung erwerben wollen. Die Frage, ob sich ein Angebot oder eine Werbung nur an Wiederverkäufer und Gewerbetreibende oder zumindest auch an private Letztverbraucher richtet, ist aus der Sicht der Adressaten der Werbung zu beurteilen. Es kommt nicht dar-auf an, an welchen Abnehmerkreis der Werbende die Anzeige richten wollte (BGH, Urt. v. 30.11.1989 – I ZR 55/87, GRUR 1990, 617, 623 = WRP 1990, 498 – Metro III). Bei Internetangeboten, die für jedermann zugänglich sind, ist davon
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auszugehen, dass sie zumindest auch Privatkunden ansprechen, wenn sie nicht eindeutig und unmissverständlich eine Beschränkung auf Wiederverkäufer enthalten (vgl. Ohly in Piper/Ohly/Sosnitza aaO Einf. PAngV Rdn. 17).
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bb) Nach den nicht angegriffenen Feststellungen des Berufungsgerichts waren die Anzeigen des Beklagten im für Privatkunden und Händler gleicher-maßen zugänglichen „öffentlichen“ Bereich der Internetseite www.mobile.de platziert. Mit Recht hat das Berufungsgericht angenommen, dass der durch-schnittliche Privatkunde die Hinweise im Fließtext „Preis Export-FCA“ oder „Preis-Händler-FCA“ nicht dahingehend verstehen wird, dass sich die Angebote des Beklagten ausschließlich an Händler richteten. Ebenso wenig kann den Zusätzen im Fließtext entnommen werden, dass der Beklagte seine Gebraucht-fahrzeuge nur für den Export anbieten wollte. Die Beurteilung des Berufungsge-richts, ein Privatkunde werde die in Rede stehenden Angaben im Fließtext auf-grund der Gestaltung der Anzeigen und des Gesamtzusammenhangs der For-mulierungen so verstehen, dass sie etwas mit der Art und Weise der Preisbil-dung zu tun hätten, widerspricht nicht der Lebenserfahrung. Der Beklagte muss, wenn er nur für Wiederverkäufer bestimmte Angebote in den öffentlich zugäng-lichen Bereich eines Internetportals stellt, einen deutlich hervorgehobenen und klar verständlichen Hinweis auf die Beschränkung anbringen (etwa „Verkauf nur an Händler“).
Da die in Rede stehende Werbung des Beklagten unter Angabe von Preisen erfolgte, unterlag sie den Vorschriften der Preisangabenverordnung. Die Preisangaben entsprachen nicht den Anforderungen des § 1 Abs. 1 Satz 1 PAngV, weil sie – unstreitig – nicht die Umsatzsteuer enthielten.
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e) Entgegen der Ansicht der Revision werden die Anzeigen des Beklag-ten auch dann vom Schutzzweck der Preisangabenverordnung erfasst, wenn
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der Beklagte die von ihm beworbenen Fahrzeuge tatsächlich nicht an Letzt-verbraucher veräußert. Ein Unternehmer, der sich mit seinem Angebot aus-drücklich nicht an Letztverbraucher, sondern nur an Wiederverkäufer wendet, unterliegt zwar nicht den Vorschriften der Preisangabenverordnung, wenn er durch geeignete Kontrollmaßnahmen sicherstellt, dass ausschließlich gewerbli-che Abnehmer betrieblich verwendbare Waren erwerben können, Käufe für den privaten Bedarf jedoch nicht vollständig unterbinden kann (vgl. BGH, Urt. v. 11.11.1977 – I ZR 179/75, GRUR 1978, 173, 177 – Metro I; BGH GRUR 1990, 617, 623 – Metro III). Hier liegt der Fall indes umgekehrt. Der Beklagte wendet sich mit seiner nicht die Umsatzsteuer ausweisenden Werbung aus der insoweit maßgeblichen Sicht der mit angesprochenen privaten Letztverbraucher von vornherein an den allgemeinen Verkehr. In einem solchen Fall ist die Preisan-gabe nach den für den geschäftlichen Verkehr mit Letztverbrauchern maßgebli-chen Vorschriften der Preisangabenverordnung zu gestalten (BGH GRUR 1990, 617, 623 – Metro III). Denn bereits durch eine nicht den Endpreis i.S. von § 1 Abs. 1 Satz 1 PAngV ausweisende Werbung wird der Zweck der Preisan-gabenverordnung beeinträchtigt, es dem Verbraucher zu ermöglichen, seine Preisvorstellungen anhand untereinander vergleichbarer Preise zu gewinnen. Wer Letztverbrauchern Angebote unterbreitet, kann sich nicht darauf berufen, dass die Vorschriften der Preisangabenverordnung keine Anwendung fänden, weil er nicht bereit sei, die angebotenen Waren an Endabnehmer für deren pri-vaten Bedarf zu veräußern.
f) Das Berufungsgericht hat des Weiteren mit Recht angenommen, dass die Anzeigen des Beklagten ohne Angabe des Endpreises i.S. von § 1 Abs. 1 Satz 1 PAngV auch geeignet sind, die Interessen der Mitbewerber und Ver-braucher spürbar zu beeinträchtigen. Allerdings stellt nicht jede Zuwiderhand-lung gegen die Vorschriften der Preisangabenverordnung zugleich einen Wett-bewerbsverstoß nach den §§ 3, 4 Nr. 11 UWG dar. Vielmehr bedarf es im Ein-
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zelfall der Feststellung, dass die beanstandete Preisauszeichnung zu einer nicht nur unerheblichen Beeinträchtigung des Wettbewerbs i.S. des § 3 UWG führt. Bagatellverstöße gegen die Grundsätze der Preisklarheit und Preiswahr-heit reichen dafür nicht aus (BGH, Urt. v. 4.10.2007 – I ZR 182/05, GRUR 2008, 442 Tz. 15 = WRP 2008, 659 – Fehlerhafte Preisauszeichnung; Köhler in Köh-ler/Bornkamm aaO § 4 Rdn. 11.58a; Schaffert in MünchKomm.UWG, § 4 Nr. 11 Rdn. 306). Es kommt mithin vornehmlich darauf an, ob die Preisvergleichsmög-lichkeiten der Verbraucher erheblich erschwert werden. Der Beklagte hat auf dem Internetportal www.mobile.de zum selben Zeitpunkt zehn Gebrauchtfahr-zeuge mit Preisen beworben, die nicht die Umsatzsteuer enthielten. Eine solche Verhaltensweise erschwert dem privaten Letztverbraucher die Preisvergleichs-möglichkeiten mit anderen an ihn gerichteten Angeboten spürbar. Dies gilt un-abhängig davon, ob einzelne Interessenten nach einer Kontaktaufnahme mit dem Beklagten erfahren, dass er nur an Händler verkauft.
4. Mit Recht hat das Berufungsgericht auch angenommen, dass ein durchschnittlich informierter und verständiger Verbraucher durch die beanstan-dete Werbung irregeführt wird (§ 5 Abs. 1 und 2 Satz 1 Nr. 2 UWG 2004 und § 5a Abs. 2 UWG 2008).
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a) Die angegriffenen Werbeanzeigen erwecken den unzutreffenden Ein-druck, bei dem jeweils angegebenen Preis handele es sich um den vom Letzt-verbraucher zu bezahlenden Endpreis. Der Verkaufspreis erscheint am Anfang der jeweiligen Anzeige in hervorgehobener Stellung. Der mit den Anzeigen auch angesprochene Privatkunde geht in der Regel davon aus, dass in den ihm gegenüber anzugebenden Endpreisen die Umsatzsteuer enthalten ist. Hierfür spricht im Streitfall zusätzlich der Umstand, dass nach den Allgemeinen Ge-schäftsbedingungen der Betreiberin des Internetportals „mobile.de“ die Preise der Angebote im „öffentlichen“ Bereich die Umsatzsteuer enthalten müssen.
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b) Die bei den angesprochenen Verkehrskreisen hervorgerufene Fehl-vorstellung ist wettbewerbsrechtlich relevant. Es ist zwar nicht Aufgabe des Wettbewerbsrechts, den Verbraucher vor jedweder Fehlvorstellung zu schüt-zen, solange diese sich nicht auf seine geschäftlichen Entscheidungen auswirkt (vgl. BGH, Urt. v. 17.6.1999 – I ZR 149/97, GRUR 2000, 239, 241 = WRP 2000, 92 – Last-Minute-Reise). Nach seinem für die Revisionsinstanz als richtig zu unterstellenden Vortrag ist der Beklagte nicht bereit, die von ihm angebotenen Gebrauchtfahrzeuge an Privatkunden zu veräußern. Die Fehlvorstellung des Verbrauchers hat danach keine unmittelbare Auswirkung auf seine Kaufent-scheidung. Sie erzeugt auch keine mittelbare Auswirkung auf den Kaufent-schluss in der Weise, dass die Anlockwirkung des geringeren Preises – trotz späterer Richtigstellung – den Kunden veranlasst, sich mit dem Angebot näher zu befassen (vgl. dazu BGH, Urt. v. 16.7.2009 – I ZR 140/07, GRUR 2010, 251 Tz. 15, 19 = WRP 2010, 245 – Versandkosten bei Froogle). Denn es kommt nicht zu einem Kauf beim Beklagten. Die wettbewerbliche Relevanz braucht sich jedoch nicht in einem Umsatzgeschäft des Werbenden mit dem getäusch-ten Verbraucher niederzuschlagen. Sie kann sich auch daraus ergeben, dass die irreführende Werbung geeignet ist, Mitbewerber zu beeinträchtigen (vgl. Bornkamm in Köhler/Bornkamm aaO § 5 Rdn. 2.195).
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Im Streitfall erhält der Verbraucher, der sich – möglicherweise noch ohne konkrete Kaufabsicht – in einer bestimmten Preiskategorie über alle auf der Plattform eingestellten Angebote einer Fahrzeugart informieren möchte, kein zuverlässiges Bild über den Marktpreis. Die Angebote der Mitbewerber des Be-klagten werden in ein ungünstiges Licht gerückt, weil deren Preise teuer er-scheinen. Schon dies beeinträchtigt die Interessen der Mitbewerber und muss nicht hingenommen werden. Der Beklagte kann zudem nicht zuverlässig aus-schließen, dass er letztlich doch an einen Verbraucher verkauft, weil er nicht
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verlässlich feststellen kann, ob es sich bei einem Kaufinteressenten um einen Händler oder um einen privaten Letztverbraucher handelt.
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c) Die Werbung verstößt auch gegen § 3 i.V. mit § 5a Abs. 2 und 3 Nr. 3 UWG 2008. Nach § 5a Abs. 2 UWG 2008 handelt unlauter, wer die Entschei-dungsfähigkeit von Verbrauchern i.S. des § 3 Abs. 2 UWG 2008 dadurch beein-flusst, dass er eine Information vorenthält, die im konkreten Fall unter Berück-sichtigung aller Umstände einschließlich der Beschränkungen des Kommunika-tionsmittels wesentlich ist. Zu den wesentlichen Informationen gehört nach § 5a Abs. 3 Nr. 3 UWG 2008 bei einer Werbung, die konkret zum Kauf von Waren auffordert, die Angabe des Endpreises, der die Umsatzsteuer enthalten muss (vgl. Köhler in Köhler/Bornkamm aaO Vorb. PAngV Rdn. 6; Bornkamm in Köh-ler/Bornkamm aaO § 5a Rdn. 34; Fezer/Peifer, UWG, 2. Aufl., § 5a Rdn. 54).
Diesen Anforderungen genügt die angegriffene Werbung nicht. Die Ge-brauchtfahrzeuge wurden in den Internetanzeigen des Beklagten so angeboten, dass ein durchschnittlich informierter Verbraucher das Geschäft abschließen konnte. Hierfür ist kein bindendes Angebot i.S. von § 145 BGB erforderlich. Es reicht aus, dass die wesentlichen Vertragsbestandteile bekannt sind (vgl. Born-kamm in Köhler/Bornkamm aaO § 5a Rdn. 30). Daher ist es ohne Bedeutung, dass der Beklagte die von ihm angebotenen Gebrauchtfahrzeuge entgegen seiner Ankündigung in den Werbeanzeigen nicht an Letztverbraucher veräu-ßert. Denn beim Tatbestand der Irreführung durch Unterlassen nach § 5a Abs. 3 UWG 2008 wird unwiderleglich vermutet, dass sich die Informations-pflichtverletzung auf die geschäftliche Entscheidung des Kunden auswirken kann (vgl. Bornkamm in Köhler/Bornkamm aaO § 5a Rdn. 5). Zudem kann der Beklagte – wie bereits ausgeführt – nicht ausschließen, dass es nicht doch zu einem Vertragsabschluss mit einem privaten Letztverbraucher kommt.
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5. Entgegen der Ansicht der Revision greift der Klageantrag nicht zu weit, indem er umfassend auf „Kraftfahrzeuge“ abstellt und Angebote auch außer-halb der Internetplattform www.mobile.de erfasst. Der Antrag geht damit nicht über den Kernbereich der Verletzungsformen hinaus. Durch die unmittelbare Bezugnahme auf die konkrete Werbeanzeige mit dem Vergleichspartikel „wie“ wird deutlich gemacht, dass Gegenstand des Antrags allein die in Rede ste-henden Anzeigen sein sollen, wobei die abstrakt formulierten Merkmale die Funktion haben mögen, den Kreis der Varianten näher zu bestimmen (BGH, Urt. v. 2.6.2005 – I ZR 252/02, GRUR 2006, 164 Tz. 14 = WRP 2006, 84 – Aktivierungskosten II). Dem Klagevorbringen lässt sich nicht entnehmen, dass von dem Verbot darüber hinaus Handlungen erfasst sein sollen, die wettbe-werbsrechtlich zulässig sind oder einen ganz anderen Charakter als die ange-griffenen Internetangebote der Beklagten haben. Die Wiederholungsgefahr er-streckt sich im Streitfall auch auf Internetangebote auf anderen Plattformen und auf Kraftfahrzeuge anderer Art als die in den angegriffenen Anzeigen beschrie-benen Limousinen, Kombis und Geländewagen.
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In den verallgemeinernden Teil des Unterlassungsantrags musste – an-ders als die Revision meint – auch nicht die Beschränkung „gegenüber Letzt-verbrauchern“ aufgenommen werden, da es nicht Sache des Klägers ist, den Beklagten darauf hinzuweisen, dass die in Rede stehenden Angaben gegen-über einem auf Händler beschränkten Personenkreis nicht zu beanstanden ge-wesen wären (vgl. BGH, Urt. v. 11.4.2002 – I ZR 317/99, GRUR 2002, 706, 708 = WRP 2002, 691 – vossius.de; Teplitzky, Wettbewerbsrechtliche Ansprüche und Verfahren, 9. Aufl., Kap. 51 Rdn. 25; Brüning in Harte/Henning, UWG, 2. Aufl., Vor § 12 Rdn. 108). Entgegen der Ansicht der Revision war auch eine nähere Umschreibung der Verletzungsform im Klageantrag nach Maßgabe der Entscheidung „Versandkosten“ (BGH, Urt. v. 4.10.2007 – I ZR 143/04, GRUR 2008, 84 Tz. 19 = WRP 2008, 98) nicht erforderlich. Anders als bei dem dieser
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Entscheidung zugrunde liegenden Sachverhalt ist im vorliegenden Fall aus der zur Auslegung des Klageantrags mit heranzuziehenden Klageschrift ohne wei-teres ersichtlich, dass es bei dem Endpreis ohne Umsatzsteuer um die am An-fang des jeweiligen Angebotstextes hervorgehobene Preisangabe geht.
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III. Die Revision des Beklagten ist danach mit der Kostenfolge aus § 97 Abs. 1 ZPO zurückzuweisen. Entgegen der Ansicht der Revision sind die Kos-ten nicht anteilig der Klägerin aufzuerlegen, weil sie in der mündlichen Verhand-lung über die Berufung ihren Unterlassungsantrag neu gefasst hat. Das Beru-fungsgericht hat zutreffend angenommen, dass in der Ersetzung der Wendung „fehlerhafte Endpreise“ durch „Endpreise, die die Mehrwertsteuer nicht enthal-ten“, keine Klageänderung, sondern nur eine Klarstellung des erstinstanzlich gestellten Antrags liegt. Denn die Klägerin hat von vornherein nur ein Verbot der Werbung mit Endpreisen ohne Einschluss der Umsatzsteuer erstrebt. Dies ergibt sich aus der Klagebegründung, in der sich die Klägerin nicht allgemein gegen das Fehlen von Preisbestandteilen, sondern allein gegen die unterlasse-ne Berücksichtigung der Umsatzsteuer wendet.
Soweit der ursprüngliche, auch noch mit der Berufungsbegründung an-gekündigte Antrag nicht auf die konkrete Verletzungsform beschränkt war, mag in der Neufassung des Antrags in der Berufungsverhandlung eine Teilrücknah-me der Berufung liegen. Der in erster Instanz gestellte Antrag nahm auf die be-anstandeten Anzeigen nur beispielhaft Bezug („insbesondere wie am 10. August 2006 unter www.mobile.de“) und konnte deshalb so ausgelegt wer-den, dass er die konkret beanstandete Verletzungsform nur als Minus enthielt (vgl. BGH, Urt. v. 8.10.1998 – I ZR 107/97, WRP 1999, 512, 515 – Aktivierungskosten; Urt. v. 30.4.2008 – I ZR 73/05, GRUR 2008, 702 Tz. 36 = WRP 2008, 1104 – Internet-Versteigerung III). Diesem Umstand hat das Beru-
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fungsgericht jedoch dadurch hinreichend Rechnung getragen, dass es die Kos-tenentscheidung auf § 92 Abs. 2 ZPO gestützt hat.